Bleibtreu als Hitler-Tagebuch Fälscher Konrad Kujau!
Die 80er Jahre, was war das für eine Sensation als der Stern die Hitler-Tagebücher der Welt präsentierte. Doch was als Clou für Deutschlands Vorzeigeblatt begann, sollte sich zu einem unheimlichen Fiasko entwickeln. Stellte sich doch heraus, dass es sich um Fälschungen handelte. Hierfür verantwortlich: Konrad Kujau, der damit eine von Deutschlands größten und renommiertesten Zeitschriften, wie auch etliche Experten an der Nase herumführte. Basierend auf den im Jahr gestarteten Podcasts nahmen sich Tobi Baumann und Wolfgang Groos dem Thema an. Mit Moritz Bleibtreu als Konrad „Konni“ Kujau und Lars Eidinger als Star Reporter des Stern Gerd Heidemann. Doch konnte uns die Mini-Serie überzeugen, das erfahrt Ihr in unserer nachfolgenden Serienkritik.
Worum geht’s in „Faking Hitler“?
Konrad „Konni“ Kujau (Moritz Bleibtreu) ist eine recht faule Socke und selbst sein Handwerk als Kunstfälscher lässt er schleifen. Wäre da nicht Agnes (Britta Hammelstein), Lebensgefährtin und Muse, die ihn immer wieder antreibt. Doch solange er als fiktiver Kunsthändler Dr. Fischer, seinen treuen Kunden, den industriellen Herbert Strunz, an seiner Seite weiß, kann er sich recht entspannt durchs Leben schlängeln. Konnis neuster Coup, ein Bild von Hitlers Nichte, welches der Führer selbst gemalt haben soll.

Dieses Mal jedoch ist Strunz nicht überzeugt, passt dies örtlich und zeitlich so gar nicht in das Leben des Diktators. Schnell muss eine Idee her. Eine flink nachgeahmte Handschrift auf der Rückseite der Leinwand soll alle Zweifel beseitigen. Dies gelingt unerwartet und Konni freut sich diebisch, doch umso länger er darüber nachdenkt, desto mehr erwächst die Idee mehr aus „Hitlers Handschrift“ zu machen. Womit er alles auf eine Karte setzt und Strunz, seine gefälschten Hitler Tagebücher präsentiert.

Sein Plan geht nicht nur auf, er zieht obendrein ungeahnte Kreise. Zeigt Strunz diese dem Stern-Reporter Heidemann. Was für ein Knüller: die geheimsten und intimsten Einblicke in das Leben des Führers. Der Journalist ist Feuer und Flamme und muss unbedingt diesen Dr. Fischer an die Angel bekommen. Kein Wunder das Konni aus allen Wolken fällt, als sich Heidemann bei ihm meldet. Obwohl ihm die Nummer über den Kopf wächst, locken die Millionen und der größte Coup des kleinen Fälschers nimmt immer größere Formen an.
Gerd Heidemann und Konrad Kujau
Zwei Namen, die zusammen mit der Zeitung Stern in die Geschichte Deutschlands eingegingen. Bereits im Jahr 1992 widmete sich Regisseur Helmut Dietl mit seiner Mediensatire „Schtonk“ dieser Geschichte. Diesen besetzte Dietl mit prominenten Namen wie Götz George, Uwe Ochsenknecht, Christiane Hörbiger, Harald Juhnke, Veronica Ferres, Ulrich Mühe und vielen mehr. Das interessant daran: Filmemacher Dietl, verzichtete auf die realen Namen aller Beteiligten.
Fun-Fact: Im Podcast „Faking-Hitler“ wird davon gesprochen, dass die Produzenten des Films „Schtonk“, vehement darauf beharrten, dass dieser frei erfunden sei.

Die von der UFA und RTL+ produzierte Mini-Serie wiederum hält sich bei der Nennung der echten Namen nicht zurück. Damit präsentieren uns die beiden Regisseure Tobi Baumann und Wolfgang Groos, nach einem Drehbuch von Tommy Wosch, Annika Cizek und Dominik Moser, basierend auf dem gleichnamigen Podcast, einen Sechsteiler, der es in sich hat.
Die Inszenierung eines Jahrhundert Betrugs
Im Stil eines 80er-Jahre Krimis, inszenierten die Filmemacher Baumann und Groos, den wohl größten Presse-Betrugs Deutschlands. So spielt die Geschichte im Jahr 1983 und zeigt Moritz Bleibtreu als Tagelöhner Konrad „Konni“ Kujau, der einem Nazi-affinen Großindustriellen, angebliche Fundstücke der Nazi-Zeit anbietet. Der Star-Reporters des Sterns Gerd Heidemann wird von Lars Eidinger dargestellt, der ebenfalls Relikte des Nazi-Regimes verscherbelt und mit Görings Enkelin liiert ist, scheint dieser doch ebenfalls immer in Geldnöten zu stecken.
So entwickelt sich eine locker leichte Krimi-Satire, welche die damaligen Geschehnisse auf überaus unterhaltsame Weise darstellt. Andererseits wirkt dies trotz der realen Geschichte eher wie eine Gaunerkomödie. Um diesem entgegen zu wirken, führt die Mini-Serie ein paar fiktive Figuren ein. So steht beispielsweise der industrielle Struntz (Reiner Schöne) stellvertretend für eine Gruppe Alt-Nazis, in deren Kreisen Kujau verkehrte um seine gefälschten Werke an den Mann zu bringen. Über diese gelangte er auch den Hamburger Reporter Gerd Heidemann.

Diesem bzw. dessen Arbeitgeber dem Wochenmagazin „Der Stern“ leierte letztlich rund 9 Millionen D-Mark für 62 Hitler-Tagebücher aus dem Kreuz. Weitere fiktive Figuren stellen Agnes Schonert (Britta Hammelstein) als Freundin Kujaus dar, sowie die angehende Reporterin Elisabeth Stöckel (Sinje Irlsinger), welche für einen fiktionalen Handlungsstrang eingeführt wird. So recherchiert sie nach ehemaligen SS-Regime Mitgliedern, stolpert dabei über ein Familiengeheimnis wie auch prominente Nazi-Zugehörigkeit, wird sexueller Diskriminierung am Arbeitsplatz ausgesetzt und streut Zweifel über die Echtheit der Hitler-Tagebücher.
Um vermutlich nicht zu einseitig zu wirken, ließen die Macher noch weitere Themen einfließen. So geht man u.a. darauf ein, das auch in den 80ern noch viele Mitglieder des Nazi-Regimes unerkannt blieben. so stolpert Elisabeth Stöckel bei ihren Recherchen über „Derrick“ Darsteller Horst Tappert, der jahrelang leugnete zur brutalen Waffen-SS gehört zu haben. Ebenso wird die Figur Stöckel Mittelpunkt sexueller Diskriminierung einer einstigen Männerdomäne genutzt. Wobei dies, trotz der realen Problematik, recht plakativ in die Mini-Serie eingebettet wurde. Dies versuchten die Macher gen Ende wieder etwas zu entschärfen

Dem entgegen steht wiederum Moritz Bleibtreus Darstellung des Kunstfälschers Konrad Kujau, den er charmant und mit spitzbübischer Begeisterung spielt. Dabei war Kujau alles andere als ein Gentleman Gauner, wie man in seiner Vita nachlesen kann. Lars Eidinger spielt seinen Gerd Heidemann, als Nazi-Affinen Fan, obwohl solch eine Affinität eher bedenklich anstatt harmlos ist. So werden Themen wie sexuelle Diskriminierung und Nazi-Vergangenheit sehr ernsthaft behandelt, während der Betrugsfall eher wie ein Kavaliersdelikt wirkt.
Hier fehlte uns trotz guter Unterhaltung etwas die Ausgewogenheit, wirkt die Serie doch teils wie eine „lustige“ Gaunerkomödie, der man ernste Themen untergeschoben hat. Was wiederum vollends überzeugen konnte, war die Ausstattung. Als Kinder der 70er Jahre, fühlten wir uns bei Sichtung, in unsere Teenagerzeit der 80er Jahre zurückversetzt. Hier lieferte die Ausstattungsabteilung der Produktion einen hervorragenden Job ab. Was ebenfalls für die musikalische Untermalung gilt, für die Ex-Bandleader der Harald Schmidt Show Helmut Zerlett und Robert Matt verantwortlich zeigen.
Die Darsteller dieser Krimi-Komödie
Moritz Bleibtreu als Konrad Kujau und Lars Eidinger als Gerd Heidemann übernahmen die Hauptrollen. In weiteren Rollen sind Sinje Irslinger als Reporterin Elisabeth Stöckel, Britta Hammelstein als Kujaus Freundin Agnes zu sehen. In weiteren Rollen: Reiner Schöne als Herbert Strunz, Ulrich Tukur als Hans Stöckel, Jeanette Hein als Edda Göring, Richard Sammel als Chefredakteur Rudolph Michaelis. Sowie Thomas Fehlen (Manta Manta Zwoter Teil: Review), Jens Kipper, Ludger Pistor, u.v.m.
Gedanken zu „Faking Hitler“
Eigentlich ist die Geschichte, um einen der größten Presseskandale so surreal, dass man glauben könnte, dieser sei der Feder eines äußerst fantasievollen Autors entsprungen. Warum? Liest oder hört man sich per Podcast die Inhalte der gefälschten Tagebücher an, so müssen doch zwangsläufig Zweifel an der Echtheit der Tagebücher aufgekommen sein. Klingen diese doch teils so surreal, wenn nicht sogar dämlich, das man skeptisch werden müsste. Hier hätten die erfahrenen Journalisten ernsthaft hinterfragen müssen, in welchem geistigen Zustand Adolf gewesen sein muss, als er diese verfasste.
Nicht nur Kujau ging in die deutsche Kriminalgeschichte ein!
In diesem Zusammenhang möchten wir auch auf den zweiten bundesweit bekannten Verbrecher erwähnen, der in die Kriminalgeschichte Deutschlands einging. Kaufhauserpresser Arno Funke, vielen auch noch als „Dagobert“ bekannt. Dessen Geschichte wurde nun ebenfalls als Mini-Serie von RTL+ verfilmt. Wer mehr über Funke und die Serie erfahren möchte, dem empfehlen wir unsere Serienkritik zu „Ich bin Dagobert“ mit Friedrich Mücke als Arno Funke
Faking Hitler (2021) Kritik & Fazit:

Wertung: 7 / 10
Die RTL+ Mini-Serie „Faking Hitler“ überzeugt mit ihrer hochkarätigen Besetzung, allen voran Lars Eidinger und Moritz Bleibtreu, die die Geschichte des Kunstfälschers Konrad Kujau und einen der größten Medienskandale Deutschlands eindrucksvoll zum Leben erwecken. Die Serie punktet besonders durch ihre authentische 80er-Jahre-Atmosphäre, untermalt von zeitgenössischer Pop-Musik, wie auch dem gelungenen Soundtrack von Helmut Zerlett und Robert Matt. Die fiktive Figur der Nachwuchsjournalistin, gespielt von Sinje Irslinger, erweitert die historische Geschichte und flechtet geschickt einige wichtige gesellschaftskritische Komponente mit ein.
Während die Haupthandlung um den spektakulären Hitler-Tagebücher-Betrug mit absurd-komischen Momenten unterhält, zeigen sich in den Nebensträngen einige erzählerische Schwächen. Die Entwicklung mancher Charaktere, wie die des Thomas Melchior oder beispielsweise Agnes‘ Reaktion auf Konnis Betrug, wirkt teilweise recht oberflächlich. Auch die Darstellung des Sexismus in der damaligen Medienwelt wirkt übertrieben plakativ. Man hat den Eindruck dass diese Thematik mit Nachdruck in den Vordergrund gestellt werden musste. Das Ende fällt dazu etwas zu versöhnlich, gar harmonisch aus.
Fazit: Trotz kleinerer Defizite im Storytelling und der Charakterentwicklung überzeugt „Faking Hitler“ als unterhaltsame und sehenswerte Mini-Serie, die einen spannenden Rückblick auf einen der größten Betrugsfälle der deutschen Presse-Geschichte bietet. Die Kombination aus historischen Fakten, fiktiven Elementen und einer exzellenten Besetzung macht die Produktion zu einem äußerst unterhaltsamen Fernsehgenuss, das sowohl unterhält als auch zum Nachdenken anregt.
Empfehlungen:
Wem „Faking Hitler“ gefallen hat, dem könnte eventuell auch „Es ist zu Deinem Besten: Review“ oder „Beckenrand Sheriff: Review“ gefallen. Noch abgedrehter geht es bei den Eberhofer Krimis wie „Kaiserschmarrndrama: Review“ oder „Ach Du Scheiße: Review“ zu. Wer jedoch einen Mix aus Komödie und Ernsthaftigkeit bevorzugt, der dürfte mit „Contra: Review“ oder „Das Boot (TV-Serie): Review“ glücklich werden.
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