Ach Du Scheisse! (2022): Review
Ach Du Scheisse! beschreibt Franks Situation perfekt!

Ach Du Scheisse! (2022): Diese Worte sind in Lukas Rinkers gleichnamigen Film wortwörtlich Programm. So erzählt dieser die Geschichte von Frank Lamm, der aus einer Ohnmacht, liegend in einem Dixi-Klo ziemlich lädiert erwacht. Das Toilettenhäuschen steht dabei nicht mehr gerade, sondern liegt wie Frank ebenfalls flach mitten in einer Baugrube.
Damit aber nicht genug, Regisseur Lukas Rinker nagelt im wahrsten Sinne des Wortes seinen Hauptdarsteller Thomas Niehaus fest. So wurde der Arm seiner Figur Frank von einer Armierungs-Baustahlstange (was für ein Wort) durchbohrt und ihn an das Klo „fesselt“. Doch wie kam es dazu? Über das „Wie“, „Wer“, „Warum“ und, ob mir der Film überhaupt zugesagt hat, werde ich Euch Spoilerfrei wie immer in den nachfolgenden Zeilen erklären. Ab Donnerstag: 20. Oktober im Kino!
Ach Du Scheiße!
Das sind die ersten Worte, die Architekt Frank (Thomas Niehaus) herausrutschen, als er nach seiner Ohnmacht erkennt, in welch misslicher Lage er sich befindet. Nicht nur das er samt einem Dixi-Klo in eine Baugrube gestürzt sein muss, eine Metallstange hat seinen Arm durchbohrt und fesselt ihn ins innere des blauen Klohäuschens. Blutend liegt er in Seitenlage in seinem blauen Kunststoffkerker und niemand hört seine Hilferufe. Noch schlimmer wird es, als er hört, dass die Sprengung des Areals, in dem er liegt, kurz bevorsteht. Einzige Chance sein Handy, welches dummerweise mitten in der Fäkalienschüssel liegt.

Doch es hilft nichts, er muss trotz allen Ekels hineingreifen, will er gerettet werden. Die Stange im Arm verhindert jedoch das er an sein Smartphone kommt. Nun heißt es viel Einfallsreichtum beweisen und samt Zollstock und Kaugummi schafft er es seinen „Kumpel“ Horst (Gedeon Burkhard), den angehenden Bürgermeister anzurufen. Dieser ist total verwirrt, verspricht aber umgehend zu helfen. Nun heißt es warten, aber anstatt der versprochenen Hilfe, deckt ein Unbekannter das Klo mit einer grünen Bauplane ab. Frank versteht die Welt nicht mehr, was zum Teufel geht hier vor.

In bester Survival-Manier versucht er sich aus seinem Dilemma zu befreien. Aber die Anstrengungen und der Blutverlust lassen ihn immer öfter halluzinieren. Dies geht sogar so weit, dass die Toilettenbrille beginnt mit ihm zu sprechen. Als wäre das alles nicht genug, erkennt er durch ein Loch in der Klowand, Horsts Assistentin Dörte (Friederike Kempter), gefesselt und geknebelt am Boden liegen. Als auch noch der Sprengmeister (Rodney Charles) blutüberströmt an Franks zukünftigen blauen Grab auftaucht. Wird ihm einiges klar.

Der zukünftige Bürgermeister scheint eine Menge Dreck am Stecken zu haben. So läuft nicht nur Countdown bezüglich der drohenden Explosion ab. Auch Dörte, wie seine schwangere Marie schweben in höchster Gefahr. Wenn Horst bereit ist, ihn und Dörte umzubringen, wird er auch vor einer weiteren Zeugin nicht halt machen. Stellt sich nur die Frage, ob es dem demolierten Architekten gelingen wird sich aus seinem blauen Toilettengrab zu befreien und den kaltblütigen Bürgermeister aufzuhalten?
Ach Du… positive Überraschung
Durch Zufall bin ich über Lukas Rinkers Film gestolpert und hatte mir schon einmal den Trailer angeschaut, der nicht gerade uninteressant aussah. Dank des freundlichen Angebots von Christian von Flirrsinn, konnte ich den ganzen Film jetzt auch noch vor Kinostart sichten. Um es vorwegzunehmen, der Film hat mich durchaus überrascht. Ob positiv oder negativ werden die nächsten Zeilen zeigen. Zu Beginn des Films sieht man Micaela Schäfer („Alarm für Cobra 11“) in Bauarbeiter Montur. Diese tanzt recht freizügig zu den Klängen des Liedes „Ohne Dich (schlaf ich heut Nacht nicht ein)“ der Band „Münchener Freiheit“ aus dem Jahr 1985. Wobei ich mir schon dachte: „Aha, diese Richtung schlägt der Film also ein“, doch weit gefehlt.

Nachdem Lukas Rinkers Protagnist aus seiner Ohnmacht erwacht und seine Lage erkennt, beginnt ein teuflisch lustiger und unterhaltsamer Psychohorrortrip. Den ich so und in dieser Qualtität nicht erwartet hätte. Ursprünglich von einem reinen Trash Titel ausgehend, überzeugt Rinkers Film eher mit einem astreinen Psychotrip Plot und sehr ausgewogenen Trashfilm-Einlagen. Nicht ohne dabei noch den ein oder anderen Filmtitel in Erinnerung zu rufen. Angefangen von „Buried – Lebend begraben“ mit Ryan Reynolds („Killers Bodyguard 2“), „Cast Away“ mit Tom Hanks, die „SAW“ Filmreihe, wie vielen mehr. Ob gewollt oder nicht musste ich gen Ende sogar mal kurz an „Die Legende der Wöchter“ mit diesen Eulen denken.

In bestem „lebendig begraben“ Stil, findet sich Darsteller Thomas Niehaus, statt in einem Sarg in einem blauen Dixi-Klo mitten in einem Bauloch / Bauruine wieder. Damit es dieser nicht so einfach hat, sich zu befreien, hat ihn der Regisseur kurzerhand mit einer Metallstange durch den Arm gehend an sein kleines blaues Gefängnis gekettet. Und damit es so richtig schön widerlich wird: Dass „rettende“ Handy liegt mitten in den Fäkalien, auf gut bürgerlich deutsch: In der „Scheiße“. Stellen sich dem Zuschauer nicht nur beim Anblick des aufgespießten Arms die Nackenhaare auf.

Der Gedanke in die eigene Kacke oder gar die fremder Menschen fassen zu müssen, ist mal so richtig ekelhaft. Und das schafft der Regisseur samt Hauptdarsteller schon in den ersten Minuten. Um den Druck noch weiter zu erhöhen, steht die Sprengung der Örtlichkeit an, in der sich das umgekippte Klohäuschen befindet, an. Nun gilt es dieser Situation zu entkommen, bevor gesprengt wird. Hierbei steht Niehaus, der losgelöste Klodeckel wenig hilfreich, dafür aber umso sarkastischer zur Seite. Führt dieser doch Gespräche mit dem halluzinierenden Architekten, ähnlich wie Tom Hanks in Cast Away mit seinem Volleyball.

Und gleichfalls wie Tom Hanks in Cast Away (In Erinnerung an die Zahnszene), versucht die Hauptfigur mit allen Widrigkeiten klarzukommen und sich aus dieser Todesfalle zu befreien. Um dieses Ziel zu vereiteln, jagt der Filmemacher seinem Protagonisten einen herrlich durchgeknallten Antagonisten, gespielt von Gedeon Burkhard auf den Hals. Allgemein bietet Lukas Rinkers Film jede Menge Anspielungen auf andere Filme, die aber nie plump kopiert wirken. Gen Ende geht der Film dann, wenn auch teils übertrieben in die Vollen und lässt jeden Gedanken an ein Psycho-Thriller-Drama verstummen.
Spätestens nach des Bürgermeisters Bagger Attacke, wird es herrlich überdreht. Der Ablauf erinnert mich dabei etwas an das Ende des aktuellen Nicolas Cages Film „Massive Talent“, der harmlos anfängt und gen Ende ebenfalls herrlich überzieht. Oder auch „Willy’s Wonderland„, ebenfalls mit Cage, welcher in eine ähnliche Kerbe schlägt. Ebenso muss ich aber auch sagen, dass einem dieser Genre-Stil liegen muss, den Lukas Rinker ging definitiv nicht mit Samthandschuhen an seinen Film heran. Bietet dieser doch manch deftige Slasher / Goreszene, die man so erstmal nicht erwarten würde.
Rinkers Produktion wurde dabei von Toi Toi und der Dixi Group GmbH unterstützt. Dies erwähne ich aus dem Grund, da es mich freut, wenn ein deutsches Filmprojekt auch Unterstützung erfährt. Eine kleine Anekdote hierzu: Das beste Negativbeispiel ist ebenfalls bei einer deutschen Filmreihe zu finden. Die zu ihrer Entstehungszeit Anfang der 70er Jahre, ebenfalls mittels selbst aufgetriebener Mittel finanziert wurde. Dies waren die allseits beliebten „Dudu Filme“ mit dem gelben VW-Käfer. Wer nun glaubt diese seien eine große Werbekampagne von Volkswagen gewesen, der irrt hier gewaltit. Denn Volkswagen weigerte sich, den Filmemacher Rudolph Zehetgruber bei seiner Lowbudget-Genrefilm-Produktion weder finanziell noch mit einem Fahrzeug zu unterstützen.
Fazit:
Ich muss zugegen, dass der Film mich tatsächlich positiv überrascht hat, obwohl ich erst der Meinung war, eine deutsche Horror-Trash-Bombe wie „Cyst“ präsentiert zu bekommen. Ebenso überraschend fand ich es das „Ach Du Scheisse!“ das erste Langfilmdebüt von Lukas Rinker darstellt. Konnte ich von der Machart des Films, nicht die bekannten Schnitzer anderer Debüt Titel ausmachen. Was wohl auch an der starken Hauptbesetzung mit Thomas Niehaus („Kommissar Dupin“, „Wir Kinder vom Bahnhof Zoo“), Gedeon Burkhard („Inglourious Basterds“, „Eberhofer Krimi: Sauerkrautkoma“) bald in „Die drei ??? – Erbe des Drachen“ zu sehen, gelegen haben dürfte.
Das Gleiche gilt für die Nebendarsteller wie Friederike Kempter („Tatort“), Olga von Luckwald („Die Chefin“), Björn Meyer („Tatort“, „Der Tatortreiniger“), Uke Bosse („Nord bei Norwest“), Rodney Charles („Tränen der Sonne“). Dennoch gilt wie immer: Die besten Darsteller können nicht das mieseste Drehbuch / die mieseste Regie retten, womit Lukas Rinker hier schon verdammt viel richtig gemacht hat. Und feuert hier auf engstem Raum und in bestem Kammerspiel Stil, eine kleine Thrill-Psycho-Trashperle ab. Im Laufe des Films gibt es zwar die ein oder andere kleine Unzulänglichkeit, aber das fällt schon unter den Begriff: Meckern auf hohem Niveau. Natürlich erkennt der Filmkenner die Unechtheit des durchstochenen Arms und ja man stolpert auch über kleine Logikfehler.
Ich hatte die letzten Jahre schon mit einigen deutschen Debütfilmen zu tun und diese gaben mal mehr mal weniger Anlass zu Kritik. „Ach Du Scheisse!“ wiederum macht tatsächlich von vorne bis hinten Laune, selbst wenn der Trailer schon etwas viel vorwegnimmt. Dennoch weiß der Filmemacher immer wieder zu überraschen, auch wenn manche Szenen nicht jedem Zuschauer liegen werden. Aber allein schon die verschiedenen Phasen die der gebeutelte Architekt Frank durchlebt, sind der Knüller. Angefangen von schierer Panik, Verzweiflung, Irrsinn, Angst, Aggression bis hin zu schizophrenen Halluzinationen.
Dazu bietet der Film viel schrägen Humor mit jeder Menge Augenzwinkern. Der mich beispielsweise an solche Produktionen wie „Weissbier im Blut“ erinnert hat. Natürlich könnte oder kann man Kritik üben, wobei ein Debütfilm bei mir meist „Welpenschutz“ genießt. Hier sage ich immer wieder: Wer hier viel zu kritisieren hat, muss erstmal ein besseres Ergebnis abliefern. Wir sprechen hier immerhin nicht von einem millionenteuren Hochglanzprojekt aus Hollywood. Lange Rede, kurzer Sinn: Wer mal einen Genremix, mit trashigen, heftigen mit einigem schrägen Humor aus deutschen Landen sehen will und sich bei einer Laufzeit von rund 90 Minuten wirklich gut unterhalten lassen möchte, sollte hier auf jeden Fall mal einen Blick riskieren.
Bild: © Daniel_Dornhoefer / Trailer: © Neopol Film – alle Rechte vorbehalten