Albtraum oder Meisterwerk?
In „Dream Scenario (Film 2023)“, beginnt Nicolas Cage unter der Regie von Kristoffer Borgli ungewollt in den Träumen fremder Menschen aufzutauchen, ähnlich wie schon „Freddy Krueger„. Damit wird er binnen kürzester Zeit zu einem Social-Media-Phämomen. Ein kleines Missgeschick verändert alles und aus dem harmlosen Traumgänger wird ein mordlüsterner Psychopath. Im realen Leben hat der Biologie-Professor Paul Matthews keine Ahnung warum er in den Träumen der Menschen erscheint. Bis er von sich selbst in einem seiner Träume gejagt wird. Ob der Film das Zeug zu einem Kult Mystery Thriller hat, klärt die nachfolgende Filmkritik, bei der wir auch noch einen Blick auf die Blu-ray werfen.
Die Handlung von „Dream Scenario“
Paul Matthews (Nicolas Cage), ein eher unbedeutender und harmloser Biologieprofessor und Familienvater, lebt ein unauffälliges Leben. Sein großer Traum: ein Buch über Ameisen und deren Evolution zu schreiben. Als ihm seine Tochter Sophie (Lily Bird) am Frühstückstisch erzählt, dass er in ihrem Traum erschien, denkt er sich nichts weiter dabei. Doch das ist erst der Anfang einer Reihe mysteriöser Ereignisse. Tags darauf, sprechen ihn seine Studenten auf ihre Träume an, so erschien er diesen ebenfalls. Interessant daran, Paul scheint in jedem Traumszenario nur teilnahmslos dabei zu sein, bis auf eine einzige Ausnahme.

Kein Wunder, dass das mysteriöse Phänomen um Pauls Erscheinen alsbald viral geht. Obwohl niemand erklären kann, wie es dazu kommt, wird Paul zu einem Social-Media-Star. Derweil äußert seine Frau Janet (Julianne Nicholson) arge Bedenken, während Paul erstmals den Ruhm eines Stars genießt. Vielleicht ist dies auch die Chance, endlich sein Buch schreiben zu können. Selbst eine Agentur zeigt Interesse, würden sie ihn doch gern als Werbemaskottchen für Sprite einsetzen. Aber auch Mitarbeiterin Molly (Dylan Gilula) ist an ihm interessiert, da er in ihren sexuellen Träumen alles andere als inaktiv erscheint.

Ein abendliches Zusammentreffen mit Molly endet anders als erwartet und ändert auch die Traumerfahrungen der Menschen. Paul mutiert in deren Traumwelt zu einem grausamen Peiniger und Killer. Seine virale Prominenz erfährt einen Shitstorm aus Angst und Wut. Richtig brisant wird es, als er von sich selbst im Traum verfolgt wird. Doch wie kann er diesen Teufelskreis aufhalten, den er gar nicht in Gang gesetzt hat? So scheint es, dass sein Schicksal ihn in eine grauenvolle Spirale führt, aus der es kein Entrinnen gibt und Paul alles verlieren könnte.
Kristoffer Borglis surreales Traumszenario
Der für seine Tragikomödie „Sick of Myself“ bekannte Filmemacher und Drehbuchautor Borgli kündigte bereits im August 2022 seinen ersten englischsprachigen Film an. Für weiteres Interesse sorgten dabei zwei überaus bekannte Namen der Filmbranche: Nicolas Cage in der Hauptrolle und Ari Aster („Beau is Afraid“) als Produzent, bekannt für seine Horrorfilme „Hereditary“ und „Midsommar„.
In seinem Spielfilm lässt der norwegische Filmemacher seinen Hauptdarsteller über die Klinge springen. Paul Matthews, gespielt von Nicolas Cage, ein unscheinbarer Lehrer, langweilt seine Studenten zu Tode und taucht kurz darauf auf unerklärliche Weise in den Träumen von Menschen auf. Nachdem Millionen Fremde anfangen, ihn zu erkennen, avanciert er zu einer weltweiten Sensation. Paul erscheint in den Träumen als stiller Beobachter, bis er in einem Traum der Agenturassistentin Molly aktiv wird. Ein reales Treffen mit ihr ändert dann alles, und aus harmlosen Träumen werden furchtbare Albträume.

Ein überaus interessanter Twist, den bereits einige bekannte Regisseure benutzten. Darunter auch der Produzent Ari Aster, der in „Beau is Afraid“ seinen Hauptdarsteller Joaquin Phoenix („Joker„) ebenfalls in lauter surreale Situationen schickt. Wie schon in Kafkas „Der Prozess“ gerät der Protagonist in einen Strudel voller Ungereimtheiten, womit dieser beginnt an seinem Verstand zu zweifeln, da die normale Welt groteske Züge annimmt. Die Traumbilder hat Borglis Kameramann Benjamin Loeb wunderbar surreal eingefangen.
Borglis nicht ganz gelungene Wende im Film
Hier läutet norwegische Regisseur Kristoffer Borgli die Wende ein. Nach einer intimen Begegnung zwischen Paul und Molly wird aus dem passiven Traumbegleiter ein irrsinniger Killer und so wendet sich das Blatt. Pauls Popularität wird zum Albtraum und erlebt selbst den puren Horror, als er von sich selbst verfolgt wird. So zieht sich Paul erwartungsgemäß zurück und wird auch für seine Familie mehr und mehr zur Belastung. Bis dahin empfand ich den Film als rund und gelungen, die Wendung grenzt dann doch etwas an Absurdität.

Paul zieht sich wie erwähnt zurück, gilt dann aber wiederum als Wegbereiter für eine Traumtechnik. Mit dieser können Influencer, kontrolliert mittels eines Armbands, in die Träume anderer einsteigen, um insbesondere Produkte anzupreisen. Ebenso scheint es eine Art Glaubenssekte rund, um diese Methode zu geben, die nicht weiter erwähnt wird. Während Paul derweil in Frankreich auf Autoren-Tour gezeigt, nutzt er die Technik ebenfalls, um seiner Frau wieder nah zu sein. Diese Wendungen unterbrechen leider den Filmfluss.
Eine neue Art von Horror, Komödie und Thriller?
Die Idee, einen Unbekannten in den Träumen anderer Menschen auf mysteriöse Weise erscheinen zu lassen, klingt interessant. Bei den W-Fragen um das Wie, Warum und Weshalb hält sich Borgli an die Großen des Genres wie Jordan Peele („Nope„), M. Night Shyamalan und Ari Aster. Sprich: es gibt einfach Keine! Damit reiht sich Borgli zwar bei den bekannten Filmemachern ein, fügt dem Genre jetzt aber nichts wirklich Neues hinzu.

Borglis gewünschte Gesellschaftskritik bezüglich Social-Media und dessen Schattenseite, ist bis zur Hälfte des Films nachvollziehbar, aber der Schnitt ist nicht zur Gänze gelungen. Eine Erklärung für Pauls Phänomen oder die Traumtechnik bleibt der Filmemacher schuldig. Der Film bekommt zwar wieder die Kurve zur Hauptfigur, das Ende wirkt dennoch etwas holperig und lässt viel Raum für Spekulationen.
Nicolas Cage wieder in Höchstform
Nicolas Cage zeigt erneut, was für ein herausragender Schauspieler er ist. Entgegen dem, dass er von Kritikern immer wieder mal gern wegen seiner B-Movie Auftritte abgestraft wird. Gleichwohl bleibt Cage ein grandioser Darsteller. In „Dream Scenario“ sehen wir seinen Charakter eines langweiligen Biologieprofessors mit Halbglatze, Vollbart und Brille. Mit seinem Spiel verleiht er seiner Figur eine enorme Tiefe.

Die restliche Besetzung wie Dylan Gelula (Molly), Michael Cera (Trent) oder Tim Meadows (Brett) spielt ebenfalls ziemlich ordentlich wie auch Julianne Nicholson als Pauls Frau. Eine wichtige Figur, die immer wieder die Stimme der Vernunft darstellt. Dennoch ist „Dream Scenario“, wie auch schon in „Leaving Las Vegas“, „Willys Wonderland“ oder „Pig“ eine reine One-Man-Show von Nicolas Cage selbst, spielt er doch den weiteren Cast mal wieder an die Wand.
Dream Scenario (2023) Kritik & Fazit:

Wertung: 7 / 10
In „Dream Scenario“ nimmt uns Nicolas Cage als Paul Matthews, ein unauffälliger Professor, der plötzlich in den Träumen von Menschen weltweit auftaucht, auf eine skurrile Reise mit. Dieses mysteriöse Phänomen katapultiert ihn ins Rampenlicht und verändert sein unscheinbares Leben radikal. Der Film, der Elemente von Mystery, surrealer Komödie und etwas Horror vereint, überzeugte auf dem Toronto Film Festival sowohl Kritiker als auch Publikum. Cage glänzt in seiner Rolle und verleiht seiner Figur eine tiefgehende Tragik, besonders als Pauls Traum-Ego von einem harmlosen Beobachter zu einer albtraumhaften Gestalt mutiert.
Trotz kleinerer Schwächen in der Plot-Entwicklung, wie der etwas unpassend wirkenden Traumtechnologie, hebt sich „Dream Scenario“ durch seine originelle Prämisse und Cage’s herausragende Leistung deutlich ab. Der Film bietet eine spannende Mischung aus etwas Humor, Drama etwas Thrill und viel Mystery. Dabei setzt sich dieser kritisch mit dem Einfluss von Social Media auseinander – Trotz ein paar Defiziten im Storytelling ein Muss für Fans genreübergreifender Filme mit einzigartigen Geschichten und starken Charakteren.
Bild & Trailer mit freundlicher Genehmigung © 2024 DMC / LEONINE Studios – alle Rechte vorbehalten!