Joaquin Phoenix auf einem Horrortrip!
Beau is Afraid (2023): In seinem dritten Film, schickt Regisseur Ari Aster, seinen Hauptdarsteller Joaquin Phoenix auf einen Horrortrip. In seiner Rolle spielt er einen psychisch kranken und verängstigten Jungen im Körper eines Mannes namens Beau. Der obendrein noch etliche Traumata durchleben muss.
Damit folgt der Zuschauer diesem rund drei Stunden auf seiner bizarren Odyssee. Ziel des ganzen: die Beerdigung seiner verstorbenen Mutter. So erfährt er eine surreale Situation nach der anderen. Angefangen von einem Messerstecher über einen ihn jagenden Vietnam Veteran, bis zu einem monströsen Riesen-Penis. Ob mir diese Albtraumkomödie zugesagt hat, erfahrt Ihr wie immer in den nachfolgenden Zeilen meiner Kritik.
Die Handlung
Beau Wassermann hat einen Haufen psychischer Probleme. Seit seiner Kindheit wird er von albtraumhaften Angststörungen begleitet, die er mithilfe seines Psychiaters versucht zu bewältigen. Obendrein lastet auf ihm ein vermeintlich väterlicher Fluch. Sprich: Hat er nur einmal einen sexuellen Höhepunkt mit einer Frau, wird er danach sterben.
Seine neuste Herausforderung: ein Besuch bei seiner Mutter Mona. Doch zuerst muss er sich durch seine blutrünstige und heruntergekommene Nachbarschaft in seine Wohnung kämpfen. Am Morgen darauf klaut man ihm seine Wohnungsschlüssel. Mutter ist sichtlich enttäuscht, als Beau seinen Besuch absagt. Als er später nochmals anruft, geht nicht Mom ans Telefon, sondern ein Lieferdienst Fahrer. Dieser berichtet ihm, dass er eine Frau vorgefunden hat, die von einem Kronleuchter erschlagen wurde.
Von jetzt auf gleich versteht er die Welt nicht mehr, hat er doch noch kurz vorher mit ihr telefoniert. Ein Anruf beim Familienanwalt bestätigt dies und dieser bedrängt ihn, dass er unbedingt zur Beerdigung kommen muss. Ansonsten wird der Sarg nicht geschlossen, war dies doch Mutters letzter Wunsch. Nun muss er nach Hause, womit sein schlimmster Albtraum beginnt.
So wird er als Erstes von Grace angefahren, die ihn sogleich mit zu sich nach Hause nimmt, um ihn gesundzupflegen. Sein Bitten, ihn zur Beerdigung zu bringen, werden dabei von Grace und ihrem Mann Roger geflissentlich überhört. Scheint es doch so, dass er den Platz des verstorbenen Sohnes einnehmen soll. Die Tochter des Hauses, Toni, beginnt ihn zu hassen und bringt sich kurz darauf um.
Womit er in Verdacht gerät und daraufhin flieht. Völlig orientierungslos irrt er im Wald umher und trifft auf eine Gruppe Theaterkünstler. Diese nehmen ihn herzlich auf und lassen ihn sogleich an ihrem Theaterstück teilnehmen. So grotesk es klingt, doch Beau erkennt sich und sein bisheriges, gegenwärtiges und zukünftiges Leben in diesem Stück wieder. Auch sein tot geglaubter Vater scheint nicht ganz so tot zu sein.
Währenddessen hetzten Grace und Roger voller Hass, den Freund und Kriegsveteran ihres Sohnes auf Beau. Diese unaufhaltsame Kampfmaschine findet ihn auf Lichtung der Theatergruppe und richtet ein Massaker an. Derweil flüchtet er erneut und kommt abgekämpft zu Hause an. Erschöpft steht er ungläubig am Sarg und sucht sich erstmal eine Ecke um auszuruhen. Bis unvermittelt seine einstige Teenagerliebe Elaine, der er sich als Teenager versprach, erscheint.
Neu verliebt, ziehen sich die beiden in Mutters Schlafzimmer zurück und während Beau seinen Höhepunkt unerwartet überlebt. Stirbt Elaine und das mitten im Akt erstarrt. Panisch springt er aus dem Bett und als noch seine vermeintlich tote Mutter auftaucht, ist die Verwirrung grenzenlos. Warum hat Mutter ihren Tot vorgetäuscht und warum musste er diesen Horrortrip überhaupt durchleben? Die Antwort darauf wartet auf dem Dachboden und nun soll er die grausame Wahrheit erfahren.
Beau is Afraid oder der Psychotrip
Lange habe ich darüber nachgedacht, wie ich diese Rezension schreibe soll. Womit mir der Gedanke kam, am besten mit einem Vergleich zu beginnen. Derjenige, der Franz Kafkas Roman „Der Process (1925)“ gelesen oder Orson Wells Verfilmung „Der Prozeß (1962)“ gesehen hat, wird nun erahnen können was auf ihn zukommt. Alle anderen dürfen sich auf einen grotesken Albtraum freuen. Und ohne das Fazit vorwegnehmen zu wollen, Ari Asters neuster Horrortrip wird sicherlich nicht jedem Zuschauer liegen.
So werden Geschichten und Filme, die ihre Figuren, merkwürdigen wie auch bedrohlichen und nicht nachvollziehbaren Situationen aussetzen, gerne mit diesem „kafkaesken“ Stil betitelt. Diese werden dabei meist von einer nicht greifbaren Obrigkeit ausgelöst und scheinen bis zum Schluss oder darüber hinaus keinen Sinn zu ergeben. So auch in diesem Film, wo wir eine Hauptfigur haben, welche scheinbar wie eine Marionette fremd gelenkt wird.
Besagter Beau, hervorragend gespielt von Joaquin Phoenix, leidet an einer Neurose, einer Angststörung. Welche wohl von seiner toxischen Beziehung zu seiner Mutter, wie auch einem vermeintlichen Familienfluch ausgelöst wird. So darf unter anderem niemals einen sexuellen Höhepunkt haben, ansonsten wird er dadurch sterben. So verliebt er sich zwar als Teenager auf einer Kreuzfahrt in die junge Elaine, doch mehr als ein Polaroid seiner Jugendliebe, soll ihm nicht bleiben.
Natürlich liegt auch Beaus Wohnung nicht in einem netten Stadtteil, sondern ähnelt eher eine post apokalyptisch Endzeitvision. Hier herrscht einfach nur Brutalität und Totschlag. Nachdem er nun erfahren hat, dass seine Mutter aufgrund eines bizarren Unfalls verstorben ist, lässt ihn Regisseur Aster auf eine unheilvolle und äußerst verstörende Reise gehen. Damit lässt er seinen Hauptdarsteller einen Jungen im Körper eines Mannes spielen. Welcher weder die Welt noch die aktuelle Situation um ihn herum versteht und von einer panischen Angst beherrscht wird.
Hat man den Trailer gesehen, könnte man vermuten, dass sich diese verstörenden Bilder einzig im Kopf des Protagonisten Kopf abspielen würden. Doch weit gefehlt, stellt der Film doch eine pseudo-reale Tour de Force, der Hauptfigur dar. Mit diesem neuen Werk dürfte Aster seinen Platz zwischen einem David Cronenberg, Stanley Kubrick („Apocalypse Now“) oder David Lynch wahrlich zementiert haben. Ein Titel, den ich im Vergleich zu anderen Rezensionen eher nicht im Horrorgenre sehe.
Dies ist eher ein Psychotrip, an dem die Ur-Väter der Psychologie: Wilhelm Wundt, Sigmund Freud und Carl Gustav Jung wohl ihre wahre Freude gehabt hätten. Zumindest, wenn es um toxische Beziehungen zwischen Eltern und Kindern geht. So vermute ich, dass sich auch der ein oder andere Zuschauer mit dem gezeigten wohl schwertun wird. Und ist man kein Freund von Metaphern, wird es nicht wirklich einfacher. Was nicht nur an der Geschichte, sondern auch den teils verwirrenden Twists liegen dürfte, die etwas zusammengewürfelt wirken.
Das Fazit:
Beau is Afraid (USA 2023): Filmemacher Ari Aster (Hereditary – Das Vermächtnis), bezeichnete in verschiedenen Interviews diesen Film als sein persönliches Herzensprojekt. So ist es kein Wunder, dass er auch für das Drehbuch verantwortlich zeichnet. Um dieses recht bizarre Werk in Szene zu setzen, zog er erneut Kameramann Pawel Pogorzelski hinzu, welcher wahrlich albtraumhafte wie auch fantastische Bilder beisteuerte.
Asters neuester Streifen schickt den traumatisierten Beau Wasserman auf eine rund dreistündige Odyssee. Auf dieser er auf allerlei kuriose Figuren und Momente treffen wird. Darunter etwa das Ehepaar Grace und Roger, einen nackten Messerstecher, ein durchgeknallter Kriegsveteran oder auch ein riesiger Penis mit einem Gesicht.
Um nun zur Beerdigung der kürzlich verstorbenen Mutter zu gelangen, muss er sich durch all die erwähnten Situationen kämpfen. Welche zu einer Reise aus roher Gewalt, wie auch einer Reise ins „ICH“ ausartet. Somit für mich weniger ein Horrorfilm, als mehr ein traumatischer Psychotrip. Hier zeigt Aster erneut seine ganz spezielle Art, eine alptraumhafte Geschichte mit verstörten Bilder zu erzählen.
Wie ich oft in anderen Kritiken gelesen habe, wird dieser gerne damit beschrieben kafkaeske Anleihen zu bieten. Und ja, Ähnlichkeiten sind nicht von der Hand zu weisen, dennoch reicht mit mir Asters Film nicht an die Werke von Kafka heran. Hier fehlt es, meiner bescheidenen Meinung nach, der Geschichte an der gewissen Raffinesse. Ein Charakter, der nicht weiß, wie ihm geschieht und etliche unerklärliche Situationen, reichen eben doch nicht aus.
Dennoch bietet „Beau is afraid“ eine ziemlich verstörende und paradoxerweise auch anziehende Filmunterhaltung. Was nicht zuletzt an Joaquin Phoenix hervorragender Darstellung liegt. So ist man als Zuschauer durchweg versucht, Beau aus dieser unglaublichen Misere helfen zu wollen. Und obwohl die Spielzeit von Sage und Schreibe 179 Min. recht überbordend ausgefallen ist. Will man wissen, was oder wer dahintersteckt, geschweige denn wie dieser Trip enden soll.
Einerseits bietet dieser, im wahrsten Sinne des Wortes „Langfilm“ dem Zuschauer genügend Zeit in Geschichte und Figuren einzutauchen. Andererseits verliert man, mit zunehmender Laufzeit, gerne mal den Überblick oder gar den roten Faden. Damit ist, zumindest für mich, dieser Trip in Beaus geistiges Innenleben weniger ein Epos, sondern eher eine psychologische Kraftanstrengung. Und damit sicherlich auch kein Film für mal schnell nebenher.
Auch ich mich der ein oder anderen Filmkritik nicht anschließen kann, empfinde ich „Beau is Afraid“ um einiges schwächer als „Midsommar“ und besonders Hereditary“. Ist man noch in der ersten Stunde relativ gut dabei, wird der Film im Verlauf auch wesentlich anspruchsvoller / anstrengender. Was durch das verwirrende Ende auch nicht einfacher wird.
Für Fans des Filmemachers erhält der Streifen dennoch eine ganz klare Sichtungsempfehlung von mir. Ari Aster gilt mit seinen bisherigen Filmen, wie auch nun mit „Beau is afraid“, mit zu den derzeit außergewöhnlichsten Regisseuren Hollywoods. Mit diesem dreistündigen surrealen Werk beweist Aster erneut, dass er sich einen Platz neben David Cronenberg oder David Lynch erworben hat. Und wer mal wieder einen Blick über den Tellerrand von Blockbustern und Genre-Titeln werfen möchte, ist hier genau richtig!
Bild & Trailer © LEONINE Home Entertainment – alle Rechte vorbehalten
F.A.Q.s: Beau is Afraid
Die Darsteller:
Joaquin Phoenix („Joker“) als Beau Wasserman, Patti LuPone als Mona Wasserman, Bradley Fisher als Birthday Boy Stab Man, Amy Ryan als Grace, Nathan Lane („The Birdcage“) als Roger, Denis Ménochet als Jeeves, Armen Nahapetian als junger Beau, Zoe Lister-Jones als junge Mona, Parker Posey als Elaine, Julia Antonelli als junge Elaine, Stephen Mckinley Henderson („Dune“) als Therapeut, Hayley Squires als Penelope, Richard Kind als Dr. Cohen, Julian Richings („Chaos Walking“) als der Mysteriöse Mann, Kylie Rogers als Toni
Die Filmemacher:
A24 Film („The Green Knight“) Produktionsstudio, Ari Aster („Midsommar“) – Regie und Drehbuch. Pawel Pogorzelski – Kamera.
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Wer mit äußerst ausgefallenen Filmen keine Probleme dem empfehle ich „The Wicker Man„, „The Green Knight“ oder Stanley Kubricks „2001“ wie auch sein „Uhrwerk Orange“.