WEISSBIER IM BLUT – REVIEW

Weissbier im Blut: Die Jagd nach dem Mähdrescher Mörder!

Weissbier im Blut: Lange war es ruhig um den bayrisch-satirischen Film. Seit „Hubert und Staller“ und besonders den „Eberhofer“ Krimis von Autorin Rita Falk, erlebt der bayrische Film wieder ein Revival. Dennoch fehlte bisher noch die letzte Prise Satire und Zynismus sowie der Hauch Melancholie, wie es sie in den 70er und 80er Jahren noch gab.
Hier sei als Beispiel Gerhart Polts „Kehraus“ erwähnt. Mit „Weißbier im Blut“ machen sich Regisseur und Autor Jörg Grasser und Sigi Zimmerschied daran, diesen Stil wieder zurückzubringen. Wie mir diese Krimikomödie letztlich gefallen hat, erfahrt Ihr wie immer in den nachfolgenden Zeilen.
Dem Verbrechen auf der Spur
Einst ein erfolgreicher Kommissar, heute nur noch ein desillusionierter Beamter. Das ist Kommissar Kreuzeder vom Morddezernat Niederbayern. Statt des Büros ist seine Stammkneipe sein bevorzugtes Domizil. Wo er auch prompt einen Anruf seines Vorgesetzten Kriminaloberrat Becker erhält. Auf dem hoch verschuldeten Holzner Hof soll es zu einem tödlichen Unfall gekommen sein. Doch jetzt ist, erst der bestellte Schweinsbraten, das Weißbier und der Schnaps dran.

Der Tote läuft ihm nimmer mehr weg. Kurz nach seinem „Lunch“ trifft Kreuzeder am Tatort ein und trotz seiner Lustlosigkeit schlägt sein Riecher Alarm. Das hier war weniger ein Unfall als ein Mord. Für eine Täterjagd eignet sich eigentlich immer das Begräbnis des Opfers am besten. So wird Kommissar Kreuzeder schnell hellhörig, als die Worte Schulden, Zwangsversteigerung und Holzner Hof fallen.
Dennoch hält sich Kreuzeders Enthusiasmus und besonders sein Tatendrang arg in Grenzen. Daraufhin überstellt ihn sein Chef, Kriminaloberrat Becker kurzerhand der Polizeipsychologin Dr. März. Sie ist vielleicht in der Lage herauszufinden, was bei Kreuzeder nicht mehr richtig tickt. Dummerweise stellt sich heraus, dass Frau Dr. März ebenfalls ein psychisches Problem hat. Dafür ist sie aber überaus interessiert an Kreuzeders Marotten.

Sehr zum Missfallen seines Vorgesetzten Becke. Sieht dieser doch seine Chancen schwinden, Kreuzeder endlich loszuwerden. Derweil ereignet sich ein weiterer Mordversuch und Kreuzeder hegt einen unglaublichen Verdacht. Die ganze Holzner Familie hat zwar nicht alle Latten am Zaun, aber der kleine Sohn Moritz scheint ein ganz Besonderer zu sein. Lebt dieses Kind doch in seiner eigenen Fantasiewelt. Aber auch seine Schwester scheint ebenfalls kein Kind von Traurigkeit zu sein, besonders wenn es darum geht etwas zu „schlachten“.
O’zapft is…
Ich gehöre zur etwas älteren Fraktion und wuchs in den 70er Jahren mit deutschsprachigen Krimis wie „Tatort“, „Kottan ermittelt“, sowie bayrischen Komödien wie dem Monaco Franzen und Gerhart Polts „Kehraus“ oder „Man spricht deutsch“ auf. Gerade den letztgenannten oblag immer eine kräftige Portion Satire und Zynismus, so wie ein Hauch von Melancholie. In den 90er Jahren wurde es recht ruhig um diesen Filmstil. Was ich unter anderem an der wachsenden Spaßgesellschaft zuschreibe.
Deren Interesse lag mehr bei den locker leichten Komödien, anstatt den satirisch zynischen. Erste Lichtblicke, welche die Rückkehr der satirischen Unterhaltung ankündigten, waren die Verfilmungen der Brenner Krimis mit Josef Hader. 2011 startete mit der Vorabendkrimiserie „Hubert und Staller“ das bayrische Fernsehen wieder so richtig durch. Und mit den Kinoverfilmungen von Rita Falks „Eberhofer Krimis“ 2013, schlug man schon wieder mehr in die alte Kerbe vergangener bayrischer Filme und Serien.

Mit „Weißbier im Blut“ traute man sich nun endlich mal wieder, die satirische Gangart zu verschärfen. Damit präsentiert uns Regisseur und Autor Jörg Graser, Schauspieler Sigi Zimmerschied als desillusionierten Kommissar Kreuzeder. Der Film selbst beginnt schon mit einer deftig herben Vorstellung. So wird ein Sparkassenmitarbeiter, von einem Mähdrescher zu Hackfleisch verarbeitet.
Derweil sitzt Kommissar Kreuzeder zur Mittagszeit in seinem Stammlokal. Zwitschert etliche Weißbierchen und auch Schnappserl und wartet auf seinen Schweinsbraten. Selbst der Anruf wie auch das persönliche Auftauchen seines Vorgesetzten hält ihn nicht von seinem Mittagstisch ab. Mit stoischer Haltung beginnt Kreuzeder mit seinen Ermittlungen. Im Gegensatz zu „Hubert und Staller“ oder den „Eberhofer Krimis“ steht hier nicht der Haudrauf-Humor im Mittelpunkt.
Folgt man doch eher einer traurigen Figur und seinem desillusionierten Sein. Besonders herrlich wird es, wenn er mit seiner Polizeipsychologin über Sinn und Unsinn sinniert. Seinen Vorgesetzten immer wieder vor den Kopf stößt oder mit glasigen Augen den Worten seiner Wirtin folgt. Das Verbrechen steht dennoch im Mittelpunkt, was auch zu einer Sinnesumkehr führen wird.

So treibt er seinen Vorgesetzten Kriminaloberrat Becker in den Wahnsinn und führt seine Psychologin an die Grenzen ihrer Möglichkeiten. Besonders als er Ihr den wahren Täter offenbart. Dabei ist es Siggi Zimmerschied grandiose Darstellung des Kommissar Kreuzeders, der für allerlei Lacher und schmunzle sorgt. Diese stoische Ruhe, welche die Figur nicht mal durch die schrägsten Momente oder Erkenntnisse aus der Fassung bringt. Ein ungläubiger kurzer Blick ist hier das höchste der Gefühle. Er findet für alles eine Lösung, selbst wenn es darum geht einen Mörder an seiner Seite zu wissen.
Die Figur Kreuzeder ist dabei nicht nur ein Stoiker, sondern auch ein ziemlich helles Schlitzohr, sofern er nicht sturzbesoffen neben seiner Wirtin aufwacht. In völliger, den Bayern gegebener Ruhe folgt er den Dingen, die da kommen, hält aber dennoch die ein oder andere Überraschung für den Zuschauer parat. Der Film „Weißbier im Blut“ wird vermutlich nicht für jedermann gleich gut funktionieren, für Freunde der erwähnten Film- und Serientitel müsste es dennoch ein kleines Highlight der bayrisch-satirischen Filmkunst sein. Mich hat der Streifen durchweg köstlich unterhalten.
Satire, Zynismus, das Fazit:
Wie schon erwähnt wird „Weißbier im Blut“ nicht jedermann/frau gleich gut gefallen. Wer auf Schenkelklopfer Niveau aus ist, wie man es zuletzt bei „Hubert und Staller“ wie auch den „Eberhofer“ Krimis präsentiert, bekam, könnte hier etwas enttäuscht werden. Der Humor ist zwar ähnlich und auch der Titel suggeriert dies. In diesem Film überwiegt aber eindeutig die Satire, wie auch der Zynismus.
Der Spaß wird immer wieder mit nachdenklichen, leicht melancholischen Szenen unterbrochen. Ebenso ist das Ende genial und schockierend zugleich. Sofern man mit Satire nichts anzufangen weiß, wird man hier wohl nicht ganz glücklich werden. Wem nun wie mir, diese Stilelemente liegen und der beispielsweise auch den englischen schwarzen Humor mag, wird mit einem durchweg unterhaltsamen Film mit einem starken Siggi Zimmerschied belohnt.
Der Film hat zwar zwei kurze Längen aufzuweisen, wo man nicht weiß, wohin dieser nun will, diese stören aber nicht wirklich. Neben Siggi Zimmerschied, tummeln sich derweil noch mehrere bekannte Darsteller aus den Eberhofer Krimis, darunter Franz Eberhofers Bruder wie auch dessen Wirt. Überraschend fand ich auch die Darstellung von Xari Wimbauer, der den jungen Moritz spielt.
Eine Kinderfigur, der man nicht im Dunkeln begegnen möchte. Somit geht meine uneingeschränkte Sichtungsempfehlung an Freunde bayrisch-satirisch-zynischer Unterhaltungskunst. Ebenso kann ich diesen den Fans der Eberhofer Krimis oder der „Hubert und Staller“ Fraktion empfehlen. Diese sollte sich dennoch bewusst sein, das „Weißbier im Blut“ etwas mehr vom Zuschauer verlangt, hat man dies verstanden zündet dieser Streifen richtig.
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