WARTEN AUF’N BUS – STAFFEL 2 – REVIEW
WARTEN AUF’N BUS – STAFFEL 2: Hannes und Ralle sind wieder da! Doch dieses Mal tragen sie ihre Weisheiten über ihre Bushaltestelle in die Welt hinaus!

WARTEN AUF’N BUS – STAFFEL 2: Sie sind zurück, unsere beiden ostdeutschen Bushaltestellen-Philosophen Hannes und Ralle. Sowie Busfahrerin Kathrin und Ralles Hund Maik. Die erste Staffel stellte uns zwei Relikte aus DDR-Zeiten vor, welche die Wiedervereinigung Deutschlands nicht so gut überstanden haben. So verloren Hannes (Ronald Zehrfeld) und Ralle (Felix Kramer) irgendwie den Anschluss und wurden samt Jobverlust zu Opfern der Wiedervereinigung. Das Einzige, was blieb, war die Bushaltestelle, von der aus sie ihr Leben bestritten. So trifft man sich auch heute noch an dieser und sinnierte über das vergangene, wie auch das aktuelle Leben vor sich hin. In Staffel zwei gehen die Macher nun einen Schritt weiter, obwohl diese Endhaltestelle wie gehabt Ausgangspunkt unsere beiden Hobby-Philosophen bleibt. Schon der Beginn wartet mit einer Überraschung auf, darf Hannes doch zu einem Probe-Arbeiten in Elon Musks neuen Tesla Werk, nahe Brandenburg. Nur was soll nun Ralle machen, sollte Hannes den Job bekommen? Ob er diesen Job bekommen hat und ob mich Staffel 2 ebenfalls überzeugen konnte, erfahrt ihr wie gehabt in den nachfolgenden Zeilen.
Hannes und Ralle sind zurück!
Die Welt von Hannes und Ralle wird größer. So setzt Regisseur Fabian Möhrke nach der ersten Staffel „Warten auf’n Bus“ nicht auf Altbekanntes, sondern erweitert die Geschichten um unsere beiden Brandenburger. Die Bushaltestelle bleibt Dreh und Angelpunkt, wird aber auch zu einer Art Ausgangspunkt. So finden wir Hannes und Ralle mal im Wald, mal auf einem anonymen Friedhof und andernorts vor. Bedingt durch die neuen Themen wie die Flüchtlingssituation, eine drohende „Midlife Crisis“, Traumas, dem Dahinscheiden und dem Sein, einer neuen Liebe, Einsamkeit, neue Chancen und auch vor der Gentrifizierung macht Regisseur Möhrke nicht halt. So bietet sich für Hannes eine eventuelle Job-Chance, wobei Ralle in die Röhre schauen würde. Aber auch die Vergangenheit der beiden nimmt wieder einen Platz in den Geschichten ein. Wird doch Ralle von Träumen geplagt, die mit seiner Kindheit und Hannes zu tun haben. Dabei zeigt sich, ob ihre Freundschaft ein gelüftetes Geheimnis überstehen kann.

Auch Busfahrerin Kathrin ist nun mit mehr Screentime mit dabei. So setzen sich Hannes und Kathrin für einen befreundeten Ausländer ein, der kurz vor seiner Ausweisung steht. Womit auch Wachtmeister Britzke mit ins Spiel kommt. Und auch dieser muss sein Vorgehen überdenken. Besonders herrlich, Ralles Hund Maik hat erstmals den richtigen Riecher, doch nun nimmt ihn keiner mehr ernst. Ebenso schön als Hannes und Kathrin ihr Gutmenschen denken, doch nochmals überdenken müssen. Gutes Tun und gutgemeintes Denken, sind nicht immer dasselbe. Hier werden einige Denkensweisen besonders intelligent hinterfragt. Womit diese Episode wieder zeigt, wie sorgfältig die Macher Themen auf den Tisch bringen. Ähnlich verhält es sich mit der Folge. In der Ralles Traum und Kindheit eine besondere Rolle spielen. Hier trifft man vollends den Nerv der damaligen Indoktrination in der ehemaligen DDR.

Ebenso wird Tod und Einsamkeit zum Thema. Bringt doch der Tod eines alten Bekannten, Hannes und Ralle dazu, sich Gedanken über den Tod und darüber hinaus zu machen. Keine Kinder, keine Frau, keine Familie und ein anonymes Grab, kann es das gewesen sein? Werden doch auch Hannes und Ralle nicht jünger und man stellt sich doch die Frage, wie man sich wünscht abzutreten und wer wen verabschiedet. In einer weiteren Episode kommt das Thema Beziehung sowie das mögliche Ende des Single-Daseins auf. Scheint sich Hannes doch in seine neue Nachbarin verliebt zu haben. Wie so oft ist das Thema Frau / Mann gleich Beziehung doch recht komplex und Kathrin versucht aufzuklären. Und auch um das Thema Gentrifizierung macht man keinen Bogen. Sieht sich Ralle doch selbst auf dem Lande davon überrollt. Das Finale bringt dann alle Protagonisten zusammen. Hannes und Ralle, Wachtmeister Britzke, Ralfs Mutter und natürlich Kathrin. Hier wird dann in Doppelspitze gekämpft.

Eine fulminante Rückkehr
„Warten auf’n Bus“ Staffel 1 war für mich schon die Überraschung des Jahres 2020. Eine Serie, die zwar unter dem Begriff Comedy steht, sich aber dennoch keinem Genre so richtig zuordnen lässt. Es gibt viel zu lachen und doch bleibt man neben all den skurrilen und lustigen Situation, auch öfter mal recht nachdenklich zurück. Neben all dem Witz bietet die Serie auch kuriose Gedanken und Vorfälle, wie auch Drama. Oder um es anders zu sagen, ich würde „Warten auf’n Bus“ eher als Dramedy sehen. Steckt hinter all den Geschichten auch viel Wahrheit. Beschäftigte sich die erste Staffel noch mit den Problemen der Wiedervereinigung und deren Auswirkungen, nimmt sich die Fortsetzung auch aktueller Themen an. Wie schon bei dem Vorgänger wird auch hier kein Blatt vor den Mund genommen. Denn wie heißt es so schön, die Gedanken sind frei und diesen dürfen wir als Zuschauer wieder unzensiert folgen.

Ronald Zehrfeld als Johannes „Hannes“ Ackermann und Felix Kramer als Ralf „Ralle“ Paschke sind wieder voll in ihrem Element. Wie einst Jack Lemmon und Walter Matthau in „Ein seltsames Paar“. So wird auch in Staffel zwei über allerlei persönliche Dinge, aktuelle Geschehnisse, Probleme der Welt wie auch Vergangenheitstraumas diskutiert und debattiert. Trotz der größten Meinungsverschiedenheiten bleiben Hannes und Ralle wie ein altes Ehepaar miteinander verbunden. Das Spiel der beiden Hauptdarsteller ist erneut wieder großartig. Überraschend bleibt dennoch, dass gerade in einer Zeit, wo sich Serien und Filme mit Effekten, Actioneinlagen, Drama, etc nur so überbieten, sich eine Serie nur mittels ihrer Dialoge durchzusetzen weiß. Das alles würde aber wohl nicht ohne Jördis Triebel als Busfahrerin Kathrin Stoklosa funktionieren. Ist es doch diese, die jedes Mal für den nötigen Ausgleich sorgt, wenn sich unsere beiden „Kumpel“ mal wieder so richtig in etwas verrannt haben.
Ein Fazit zur 2. Staffel:
Natürlich hätte man es den amerikanischen Sitcoms gleichtun und das Ossi-Wessi Geplänkel noch eine weitere Staffel ausschlachten können. Glücklicherweise geht man in Staffel 2 einen Schritt weiter. Obwohl die zwei Hauptfiguren immer noch Tag ein Tag aus an „ihrer“ Endhaltstelle sitzen, spannen die Geschichten nun einen wesentlich weiteren Bogen. Womit aus der Endhaltestelle eine Art Ausgangspunkt für Neues wird. Dabei nehmen die Hauptfiguren Hannes und Ralle, wie auch Busfahrerin Kathrin und Wachtmeister Britzke kein Blatt vor den Mund. Besonders gut gelöst finde ich, dass die Macher die Welt nicht nur schwarz und weiß zeigen. Dabei durchlaufen die Darsteller wie auch die Zuschauer eine Art Lernprozess. Hinterfragt man nicht nur unterschiedliche Denkweisen, sondern teils auch sich selbst. Die Dialoge sind dabei wie gehabt das Sahnehäubchen, mutig, herausfordernd, bekennend, einsichtig, provokant und immer nachvollziehbar.

Wer schon mit Staffel 1 seinen Spaß hatte, wird ebenso von Staffel 2 begeistert sein. Das Niveau wurde gehalten und es gibt glücklicherweise noch keine Abnutzung Erscheinungen. Dabei darf man nicht vergessen, dass nicht alle vorkommenden Themen, allen Zuschauern gleichgut liegen werden. Dafür ist jedoch für jeden wieder etwas dabei und das Konzept von „Warten auf’n Bus“ weiß erneut, in seiner Gesamtheit zu überzeugen. Ich zumindest hoffe, dass die Macher eine dritte Staffel ins Auge fassen. Denn der Clou an dieser Serie: Man wird mit den Problemen und Fragen des Alltags / Lebens konfrontiert und dennoch auf irrwitzige Weise überaus gut unterhalten.
Bilder © Eye See Movies / rbb media – alle Rechte vorbehalten.