Warten aufn Bus (Staffel 1): Review

Warten aufn Bus: An einer Bushaltestelle im Nirgendwo!

Warten aufn Bus – Staffel 1: Wer sagt, deutsche Serien taugen nicht, hat vermutlich noch nie von der Dramedy Serie des RBB (Rundfunk Berlin-Brandenburg) „Warten auf’n Bus“ gehört. Diese erzählt die Geschichte der beiden Brandenburger Hannes und Ralle. Beide Ende 40, arbeitslos und teils invalid. Nach dem Mauerfall und dem darauffolgenden „Ausverkauf“ des Ostens sind Ralle und Hannes „Relikte“ einer längst vergangenen Zeit.
Durch den Wegfall ihrer Arbeitsplätze, blieben Hannes und Ralle letztlich auf der Strecke. Die Bushaltestelle ist ihr einziger Ankerpunkt. War es doch diese, von wo beide zu früheren Zeiten in die Arbeit, in die Stadt, in Urlaub fuhren. Heute Dreh- und Angelpunkt unserer Hobby Philosophen und der Ort einer der wenigen Lichtblicke des Tages, die Busfahrerin Kathrin. Ob die Serie tatsächlich überzeugen kann, erfahrt Ihr wie immer in den nachfolgenden Zeilen.
Warten auf’n Bus:
Am Ende der Straße eines kleinen Örtchens, mitten im Nirgendwo, hocken Ralle (Felix Kramer) und sein bester Kumpel Hannes (Ronald Zehrfeld) an einer Bushaltestelle. Diese Bushaltestelle, an der sie vor dem Mauerfall jeden Tag saßen und auf ihren Bus zur Arbeit warteten. Das Sitzen und Warten ist geblieben, der Job leider nicht. Vor dem Mauerfall war die Welt für die beiden noch in Ordnung, nach der Wiedervereinigung blieben beide auf der Strecke.

Ihre Arbeitsplätze fielen nach dem Ausverkauf des Ostens einfach weg. Früher waren sie Facharbeiter, heute gibt es diese Arbeitsplätze einfach nicht mehr. So hielten sie sich über Jahre mit Aushilfsjobs über Wasser, doch mit Ende 40 und teils invalide wird es auch hier mau und beide leben seit langem von der Stütze.
Was geblieben ist, ist die alte und letzte Bushaltestelle des Örtchens. So wird diese zum Mittelpunkt ihres gemeinsamen Tages. An der sie in guten wie in schlechten Erinnerungen schwelgen. Über das Geschehene und kommende Philosophieren und darüber nachdenken, wie das alles hat nur so passieren können.

Immer mit dabei Ralles Mischlingshund Maik, leicht dämlich, feige und zu blöd etwas zu fangen, aber doch Ralles und Hannes Liebling. Das Tageshighlight jedoch, ist der letzte Bus des Tages. Gefahren von Busfahrerin Kathrin, in die sich beide verguckt haben. Doch bis dahin gibt es viel zu schwatzen, streiten, ärgern und sich anderer Gestalten, wie Wachtmeister Britzke oder manchen Nazis zu erwehren.
Zwei Typen an `ner Bushaltestelle!?!
Ehrlich gesagt war ich ziemlich skeptisch, eine Serie die „Warten auf’n Bus“ heißt und sich um zwei ab- bzw. ausgebrannte Typen an einer Bushaltestelle dreht, ernsthaft? Diese haben die Wiedervereinigung nicht ganz so gut überstanden und philosophieren dafür aber den ganzen Tag über das Leben. Kann so etwas überhaupt unterhalten oder nervt das vermeintliche „Genöle“ auf Dauer?
Bereits nach der ersten Episode musste ich meine Meinung revidieren. „Warten auf’n Bus“ ist eine astreine Satire-Dramedy-Serie, die durchaus auch dem internationalen Vergleich standhalten könnte. Sofern das ausländische Publikum den Dialekt versteht und weiß, was in Deutschland damals ablief. Das entsprechende Grundwissen der damaligen Gegebenheiten ist auf jedenfalls von Nöten. Trotzdem vermute ich, dass einige Anspielungen eher der Ü-40er Generation was sagen wird.

Geht es doch unter anderem um solche Themen wie: Politbüro, SED, Honecker, „Ausverkauf des Ostens“. Dennoch achteten die Autoren darauf, ebenfalls Bezüge zur Jetztzeit herzustellen. Womit auch jüngere Zuschauer, den Ergüssen unserer Hobbyphilosophen folgen können. In der zweiten Staffel, der ich ebenfalls ein Review spendieren werde, sind Hannes und Ralle, dann auch mehr in der Jetztzeit angekommen. Als Beispiel sei hier nur die das Gender Thema oder die Flüchtlingsproblematik erwähnt.
Worum gehts überhaupt? „Warten auf’n Bus“ folgt zwei ehemaligen Bergbau-Arbeitern. Hannes (Ronald Zehrfeld) und Ralle (Felix Kramer) stehen hierbei stellvertretend für viele Menschen aus DDR-Zeiten. Ihren Tag verbringen die beiden arbeitslosen und invaliden Endvierziger an einer Bushaltestelle. Diese ist Dreh- und Angelpunkt der Serie, war sie doch über Jahre DIE Abfahrtsstelle zur Arbeit, in Urlaub und in die nächste große Stadt. Das Highlight der beiden ist jedoch die Ankunft der Busfahrerin Kathrin. Welche jeden Tag diese Enthaltstelle anfährt, um ihre Schicht zu beenden.
So philosophieren die zwei den lieben langen Tag, über ihr Leben, über das Wenn und Aber, das was ist oder noch kommen könnte. Hierbei stellen Hannes, wie auch Ralle die abenteuerlichsten Theorien wie auch Thesen auf. Manches davon dürfte der Wahrheit sogar recht nahekommen, anderes bezieht sich auf persönliche Einschätzungen. Dabei man sich auf aktuelles und längst vergangenes vor und während der Wiedervereinigung, aber auch aktuelle Probleme wie beispielsweise Arbeitslosigkeit, Nazismus und Zukunftsängste werden hier thematisiert. Beim Lesen dieser Zeilen könnte man meinen, es ginge nur um Drama und nicht Comedy, doch weit gefehlt.

Selten hat eine deutsche Serie, diese Themen so hervorragend auf satirische, ironische wie auch zynische Weise vorgebracht wie „Warten auf’n Bus“. Teils hat man das Gefühl „Ekel Alfred“ aus der Serie 70er Jahre Serie „Ein Herz und eine Seele“ sei hier wieder auferstanden. Dabei geht es nicht alleinig um die Erfahrungen unserer beiden Protagonisten, sondern um den realen Irrsinn der damaligen wie heutigen Welt. Besonders gut gelöst wurde die Rollenverteilung.
Sowohl die DDR wie auch die BRD bekommen ihr Fett weg. War doch die Wiedervereinigung nicht für alle Bundesbürger die Rettung. Hier wird klar gemacht, wie das Politbüro der DDR den Menschen das Leben schwer machte. Wie auch die Folgen der Wiedervereinigung, bzw. der sogenannte Ausverkauf des Ostens, was etliche Menschen ihre Jobs kostete. Denn wie heißt: Wo Licht, da auch Schatten. Nicht nur das Schauspiel ist meiner Meinung nach hervorragend, sondern auch die Dialoge.

So lacht man noch über den einen Gag, während einem der nächste schon im Hals stecken bleiben kann. Natürlich könnte man der Serie vorwerfen, etwas zu drüber zu sein. Schaut man sich die Themen aber mal genauer an, erkennt man erst wie nah Realität und Wahnsinn beieinanderliegen.
Hierbei möchte ich noch einen Blick auf unsere beiden Hauptakteure, wie auch die Nebenfiguren werfen. Ralf „Ralle“ Paschke, dargestellt von Felix Kramer und Johannes „Hannes“ Ackermann, gespielt von Ronald Zehrfeld, sind hervorragend in ihren Rollen. Bei beiden hat man das Gefühl, es mit einem alten Ehepaar zu tun zu haben. So erinnert das Spiel doch gleich an Jack Lemmon und Walter Matthau aus „Ein seltsames Paar (Odd Couple“).
Diese beiden führen in der Serie zu jeder Menge Lacher, wie auch Nachdenklichkeit. Besonders im Hinblick auf die zweite Staffel, wo es noch viel mehr von Ralle und Hannes zu erkunden gibt. Jördis Triebel gibt die Busfahrerin Kathrin Stoklosa, die unsere beiden „Männer“ recht gut im Griff hat. Ihre trockenen Sprüche sind zu herrlich. Dazu gesellt sich noch Alexander Schubert als Hauptwachtmeister Marc Britzke, der zu DDR-Zeiten immer im Schatten unser beiden „Helden“ stand und nun endlich brillieren kann. Nicht zu vergessen Ralles Hund Maik, leicht verblödet und doch ein liebes Vieh.
Endstation und ab zum Fazit:
Der deutsche Autor und Dramatiker Oliver Bukowsi, legte meiner Meinung nach mit „Warten auf’n Bus“ eine Punktlandung deutscher Unterhaltungskunst hin. Schon lange sah ich keine deutsche TV-Serie mehr, die Satire, Dramatik, Komödie und Zynismus so herrlich unter einen Hut bringt, wie diese. Dies war einst noch der Serie „Ein Herz und eine Seele“ oder auch den Filmen von Gerhart Polt wie „Kehraus“. oder „Man spricht deutsch“ vorbehalten. Dabei lehnt sich die Serie schon in der ersten Staffel weit aus dem „Fenster“.
Die Thesen und Theorien über das, was war oder wird, sind teils sehr gewagt, haben aber dennoch alle ein Quäntchen Wahrheit intus. Dabei lässt die Inszenierung so gut wie nichts aus. Angefangen von persönlichen Schicksalen, Vergangenheit, Gegenwart, Zukunft, das Weltgeschehen, wie auch die Weltpolitik, alles wird wie Butter auf die Semmel geschmiert und dem Zuschauer unheimlich clever serviert.
Zugegeben, der ostdeutsche Dialekt könnte, dem ein oder anderen „Wessie“ Verständnis Probleme bereiten. Aber genau das verleiht der Serie ihren Charme, dennoch ist diese nichts zum berieseln lassen. Man sollte sich schon konzentriert der Serie widmen, sind es doch diese ganzen Vergleiche von damals zu jetzt von Ost zu West, welche unglaublich gut unterhalten. Dabei sind die meisten Witze oder Gags alles andere als platt, entstehen sie doch aus der Situation, wie auch Interaktion der beiden Darsteller Felix Kramer und Ronald Zehrfeld heraus.
Hierbei stehen Realität und Irrwitz wunderbar im Widerspruch, sodass man selbst bei dramatischen Szenen lachen muss, ist es doch das Leben, das meist die schrägsten Geschichten schreibt. „Warten auf’n Bus“ ist ein großartiges Kleinod deutscher Unterhaltungskunst, hervorragend auf den Punkt geschrieben und gespielt, noch nie ging es um so wenig und doch so viel wie in dieser Serie. Ebenfalls empfehlenswert, die Serie „Mein Freund, das Ekel“ mit Dieter Hallervorden. Wer also fernab gängiger Sitcom-Comedy unterhalten werden möchte, sollte bei „Warten auf’n Bus“ definitiv einen Blick riskieren.
„Warten auf’n Bus“ ist sowohl auf DVD, Blu-ray und digital in der ARD-Mediathek erhältlich!
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