Vier im roten Kreis (1970): Review
Vier im roten Kreis: Bourvil auf der Jagd nach Alain Delon!

Vier im roten Kreis: ist Jean-Melvilles Beitrag zu dem damals aufstrebenden Heist-Movie-Genre. Gedreht im Stile eines Film Noir Krimis. Hierbei lässt er Gian Maria Volonté als ausgebüchsten Gauner auf den frisch aus dem Knast entlassenen Alain Delon treffen. Zusammen mit Yves Montand versuchen sie einen Juwelier um seine Juwelen zu bringen.
Dabei ist ihnen André Bourvil als Kommissar immer dicht auf den Fersen. So werfe ich nun einen Blick auf Studiocanals neue Veröffentlichung dieses Titels, welcher auch eine Bildüberarbeitung erfahren hat. Wie sich die Blu-ray und der Film heutzutage schlägt, erfahrt ihr wie immer in den nachfolgenden Zeilen.
Drei Ganoven und ein Kommissar
Nach fünf Jahren Haft darf Einbrecher Corey endlich wieder ungesiebte Luft schnuppern. Kurz vor seiner Entlassung erhält er ausgerechnet von einem Wärter den Tip, dass die scheinbar perfekten Sicherheitsvorkehrungen eines Pariser Nobel Juweliers, eine Lücke besitzen. Doch Corey ist klar, dass er diesen Coup nie allein durchziehen könnte und besucht erst einmal ein paar alte „Freunde“ die ihm noch einiges schuldig sind. So trifft er als Erstes auf Rico, der ihm seine Freundin ausspannte. Corey scheint nirgends mehr gut angeschrieben zu sein. Rico hetzt ihm sogleich zwei seiner Handlanger auf den Hals, mit denen Corey kurzen Prozess macht und sich sofort nach Paris absetzt.

Unterwegs trifft er auf den flüchtigen Gauner Vogel, den er in seinen Plan bezüglich des Schmuckhändlers einweiht. Diesen Coup kann Corey aber nur mit einer weiteren Person durchziehen. Dem Ex-Cop Jansen dessen besondere Fähigkeiten er benötigt. Das, was Corey und Vogel nicht im Plan haben, könnte ihnen teuer zu stehen kommen. So hat sich Corey durch seine Aktionen eine Menge Feinde gemacht, die seinen Plan gefährden können. Und auch Vogel ist nicht die beste Wahl als Partner, da ihm sein Verfolger Kommissar Mattei, immer noch auf den Fersen ist. Denn hat sich Mattei erstmal an jemandem festgebissen, so hört er nicht auf diesen zu jagen und so kommt er auch Corey immer näher …
Melville und die vier im roten Kreis
Mit „Vier im roten Kreis“ erschuf Regisseur Jean-Pierre Melville einen Klassiker des Heist-Film Genres in bester Film-noir Manier. Wie schon in seinen vorigen Werken lässt er die Bilder für sich sprechen und reduzierte hier die Filmdialoge auf ein Minimum. So verlässt er sich überwiegend auf sein Schauspieler Ensemble. Beginnend mit der Entlassung des desillusionierten Corey aus dem Knast. Hervorragend dargestellt von Alain Delon.
Ohne viele Dialoge erfasst man als Zuschauer gleich, wie dieser Figur mitgespielt wurde. Dieser sucht nur noch einen Weg einen Coup zu landen, um sich endgültig abzusetzen. So lässt Melville einen weiteren Gauner namens Vogel, gespielt von Gian Maria Volonté, Alain Delon im wahrsten Sinne des Wortes über den Weg laufen. Klar ist, dass beide verschwinden müssen, was aber nur mit entsprechenden liquiden Mitteln möglich ist. So weiht Corey Vogel in seine Pläne ein. Da beide recht bekannt sind, muss ein dritter Mann her, der unbemerkt den zu beraubenden Juwelier auskundschaften kann.
Dies wäre der Ex-Polizist und Scharfschütze Jansen, verkörpert von dem großartigen Yves Montand. Um es diesen drei nicht zu einfach zu machen, hetzt ihnen Regisseur Melville, neben Coreys Ex-Kollegen noch Kommissar Mattei auf den Hals. Dieser wird von André Bourvil, den ich bisher überwiegend aus lustigen Rollen kannte, eindrucksvoll und eiskalt kalkulierend verkörpert.

Leitmotiv des Films bleibt trotz der Schergen im Nacken, der Juwelenraub der Gauner und die Jagd des Kommissars nach den Ganoven. Beides inszeniert Meville mit einer gespenstischen Stille und fast schon stoischer Ruhe. Alain Delon verkörpert seine Figur Cory völlig desillusioniert. Die Figur Vogel ist wiederum „nur“ auf der Flucht und schließt sich Corey an. Dieser ist es auch, den man als Unsicherheitsfaktor bezeichnen darf. Hat dieser doch von Anfang an Kommissar Mattei im Nacken.
Die Figur Mattei ist ebenfalls kein Freund vieler Worte, durch André Bourvils Darstellung merkt man, wie dieser eiskalte Ermittler tickt. Für mich eine ganz neue Erfahrung, das sonstige Plappermaul Bourvil, bekannt an der Seite von Louis dè Funes, in einer völlig gegensätzlichen Rolle zu sehen. Aber genau diese Darstellung fasziniert, wenn man der Figur dabei folgt wie er den Tätern immer näher und näher kommt. Yves Montand verkörpert eher eine Nebenrolle, einen Ex-Polizisten der mit seinen eigenen Dämonen zu kämpfen hat.
Dieser Raub lässt noch einmal seine Lebensgeister erwachen, was ihm sogar wichtiger ist als einen Anteil an dem Coup. So trist, kalt und wortkarg der Film beginnt, so kompromisslos endet dieser auch. Für heutige Sehgewohnheiten könnte man dem Film fehlende Action oder Spannung unterstellen. Dennoch muss man bedenken, dass der Film von seinen Darstellern getragen wird und die wiederum dreiviertel des Filmes mit ihrer Gestik und Mimik arbeiten.
Vier im roten Kreis ist definitiv kein Film für nebenher, man muss schon dranbleiben und den Figuren sowie ihrem Tun folgen. So ergibt sich eine Spannung, die selten mit Worten angekündigt wird. Dies macht das „dranbleiben“ unbedingt erforderlich. Mit einem Ohr dem Geschehen folgen und nebenher mit Handy oder Tablet hantieren, funktioniert nicht. Bezogen auf die Stimmung liefert Jean-Pierre Melville einen 100%tigen Film-Noir bester Güte ab, der sich nicht zu Unrecht zu den Klassikern des Genres zählen darf. Hier setzte Melville wie schon zuvor auf Alain Delon als Hauptdarsteller.
Fazit:
„Vier im roten Kreis“ ist trotz seines Alters und seiner überaus „ruhigen“ Erzählweise auch heute noch ein sehenswerter Kriminal-Thriller. Welcher nicht zu Unrecht als Klassiker des Genres bezeichnet wird. Das angewandte Stilmittel im eher kühlen Farbraum zu drehen, unterstützt den tristen, kargen und kalten Eindruck der Geschichte. Hier gibt es keine Sympathieträger, selbst wenn man sich wünscht, dass Delons Coup gelingt oder Bourvil die Täter fasst.
Jeder ist bereit, Grenzen zu überschreiten, um sein Ziel zu erreichen. Einzig Yves Montands Rolle lässt eine gewisse Sympathie zu. Da diese Figur irgendwie am Abgrund steht und dieser Coup ihn wiederaufleben lässt. Diese Tristesse ist für heutige Sehgewohnheiten für einen Thriller schon recht schwer zu verdauen. Besonders da man diesem immer mit den Augen folgen muss. Für nebenher ist Melvilles Film definitiv nicht geeignet. Meine Sichtungsempfehlung geht somit an diejenigen die sich für das Thema Film-Noir, sowie die Arbeiten von Melville und die exzellente französische Darstellerriege interessieren.
Für einen Krimi-Thriller alter Tage immer noch sehr empfehlenswert und einen Blick wert. Melvilles Film ist trotz seiner Kälte und Wortkargheit auf den Punkt inszeniert und das bis zum kompromisslosen Ende. Wer hier wiederum Action und Verfolgungsjagden am laufenden Band erwartet, dürfte enttäuscht werden.
Bild & Ton:
Das Bild wurde für die neue Blu-ray sehr gut aufgearbeitet und überzeugt mit einer sehr guten Schärfe. Die Farben und Kontraste wirken sehr ausbalanciert und lassen dem Film sein Alter nicht anmerken. Auf Rauschfilter oder Weichzeichner wurde verzichtet, womit immer ein feines Filmkorn ersichtlich ist.
Dies fällt je nach Szene mal mehr mal weniger auf. Der Schwarzwert ist ebenfalls sehr gut ausgefallen und verschluckt keine Details. Weiterhin gibt es noch eine Bonus Disc, die einige Dokus unter anderem zu Regisseur Jean-Pierre Melville selbst, sowie zu „Vier im roten Kreis“.
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