TUNNEL (2016) – REVIEW
Tunnel: Regisseur Kim Seong-hun, begräbt Lee Jeong-su unter Tonnen von Steinen, Erdreich und Geröll, kann dieses Desaster überhaupt jemand überleben?

Nach „A Hard Day“ trumpft der südkoreanische Regisseur Kim Seong-hun erneut mit einem Hit auf. In „TUNNEL“ oder auch „Teoneol“ wie er im Original heißt, begräbt er seinen Protagonisten gleich unter einem ganzen Berg. Wie schon in „A Hard Day“ weiß Seong-Hun ganz genau, wie man an der Spannungsschraube dreht. So ist es kein Wunder, das sein Katastrophenfilm im Jahr 2016 rund 7 Millionen Zuschauer in die südkoreanischen Kinos lockte. In Deutschland feierte „Tunnel“ im April 2021 seine Heimkino-Premiere und die Busch Media Group stellte mir diesen Titel für ein Review zur Verfügung.
Und wie klingt die Story?
Für den KIA Autoverkäufer Lee Jeong-su ist kein Auftrag zu klein und so reist er quer durchs Land, um neue Kunden an Land zu ziehen. So auch an diesem verhängnisvollen Tag, der wohl der schwärzeste seines Lebens werden wird. Gerade noch mit der Familie telefoniert und im zweiten Telefonat noch einen Deal gemacht, durchfährt Lee den frisch fertig gestellten und neueröffneten Tunnel auf der neuen Autostrecke. Ein verdammt langes Teil, doch irgendwas stimmt nicht. Lees Sinne scheinen ihn nicht zu täuschen, irgendetwas geht hier drin vor. Wieso verdammt nochmal bewegt sich denn die Decke? Der Gedanke war noch nicht mal zu Ende gedacht, schon beginnt der Tunnel einzustürzen und Lee unter sich zu begraben.

Wie durch ein Wunder überlebt Lee dieses Desaster. Doch Tonnen von Erde, Geröll und Steinen liegen vor, hinter und auf ihm, eine wahre Todesfalle. Mit Hilfe seines Handys versucht er die Notrufnummer zu erreichen. Die Verbindung ist schlecht und die Mitarbeiter am anderen Ende der Leitung klingen, als hätten Sie gerade einen schlechten Scherz gehört. Dies löst sich auf, als ein ausgeschickter Straßentrupp, das ganze Ausmaß dieser Katastrophe entdeckt. Nicht nur, dass Lee im wahrsten Sinne, die Decke auf den Kopf gefallen ist, der Tunnel ist über Kilometer hinweg eingestürzt und niemand weiß, wo genau Lee steckt. Doch das Drama nimmt kein Ende, denn Lee hört Rufe und trifft auf eine weitere, verschüttete und schwer verletzte junge Frau. Die Zeit läuft ab und die Chance das Lee, sowie die junge Frau jemals wieder das Tageslicht erblicken, schwindet minütlich.

Okay klingt bekannt, aber wie gut ist Tunnel nun wirklich?
Vielleicht nicht besser, aber definitiv auf gleich hohem Niveau, wie die großen Klassiker des Katastrophenfilms. Wie schon in „A Hard Day“ weiß Regisseur Seong-hun, gekonnt mit der Spannungskurve umzugehen. In „Tunnel“ zeigt er, dass er auch in der Lage ist Dramatik perfekt zu inszenieren. Dabei verfällt er nicht ins Pathetische oder gar schnulzige. Er lässt seinen Protagonisten wie einen normalen Menschen agieren. Nicht als Superheld, nicht unverwundbar und schon gar nicht vollkommen. Der Charakter Lee Jeong-su zeigt die menschlichen Makel, Bedenken und rastet vor Wut, Angst und Panik auch mal aus. Im Vergleich zur amerikanischen Konkurrenz bleibt diese Figur nicht blitzeblank und genau das lässt den Zuschauer Vergleiche mit sich selbst ziehen, was eine Sympathie zu dem Protagonisten aufbaut.

Der Cast bleibt, wie bei „A Hard Day“ überschaubar und hier auf zwei Hauptfiguren beschränkt. Der verschüttete Lee Jeong-su sowie der Rettungsleiter Kim Dae-gyeong. Jeong-sus Frau, sowie eine Ministerin flankieren den Plot, während Rettungsmitarbeiter, die zweite verschüttete junge Frau und die Reporter zu Stichwortgebern und Twistauslösern werden. Dadurch bleibt der Storyverlauf schön stringent und spannend. Einzig eine Länge schleicht sich im letzten Drittel in den Film. Hier ist man kurz nicht sicher, wie es nun weitergehen soll. Ebenso gelungen wie die Story, sind auch die Effekte. Als es im Tunnel drunter und drüber geht, hat man den Eindruck, die Erde reißt ihr Maul auf um Lee Seong-su verschlingen zu wollen. Während die beengte Kulisse und das Setting, ihr restliches tun um die klaustrophobische Stimmung auf die Spitze zu treiben.
Und die Darsteller, überzeugen diese auch?
Und wie sie das können, hier sei der Hauptdarsteller besonders lobend erwähnt. Ha Jung-woo spielt den Charakter des verschütteten Lee Jeong-su völlig überzeugend. Seine Performance wirkt zu keinem Zeitpunkt übertrieben. Jung-woo lässt seinen Charakter alle Hochs und Tiefs durchleben, zeigt aber auch die Makel des menschlichen Seins. Ebenso überzeugt Oh Dal-su als Rettungsleiter Kim Dae-gyeong, dieser muss gegen alle Widrigkeiten kämpfen um Lee Jeong-su aus seiner Todesfalle retten zu können. Dabei hält sich dieser mit seiner Meinung weder bei den Reportern noch bei der Ministerin zurück. Gerade der letzte Punkt überraschte mich, sind es nicht gerade die asiatischen Staaten, die höchst selten Kritik an den eigenen Entscheidungen zulassen? Hier muss man Regisseur Kim Seong-hun ein Lob aussprechen. Die Darstellung der Ministerin und ihre medienwirksame Bedachtsamkeit, stellt er herrlich zynisch dar.
Graben wir mal das Fazit aus
„Tunnel“ ist der zweite Film von Regisseur Kim Seong-hun, den mir die Busch Media Group im Rahmen eines Reviews zur Verfügung stellte. Nach dem überraschend großartigen „A Hard Day“ war ich überaus gespannt, ob Seong-hun auch ein zweites Mal abholen kann. Da Antwort darauf dürfte nach meinem obigen Geschreibsel klar sein und ja er holte mich erneut ab und ließ mich mit seinen Darstellern mit fiebern. Die Regie ist wie schon bei „A Hard Day“ auf den Punkt, die Spannungskurve durchweg hoch. Das Einzige was den Film einen Hauch schwächer als den Vorgänger macht, ist diese eine Länge, die etwas Unentschieden wirkt. Ansonsten erlaubt sich der Film keine Schnitzer. Das Schauspiel, die Ausstattung, die Dramaturgie und die Effekte haben mir richtig gut gefallen und der Mut, Politik und Minister zu kritisieren, waren für mich das i-Tüpfelchen auf diesem „Sahneschnittchen“. So kann ich gar nicht anders als auch „Tunnel“ durchweg zu empfehlen. Jeder der ein Faible für richtig gut gemachte Katastrophenfilme hat, muss hier geradezu zugreifen.
P.S. eine Kleinigkeit noch, ein winziger Filmfehler ist mir dann doch noch aufgefallen: achtet mal auf die Szene mit den Drohnen, bzw. was kurz danach zu sehen ist.
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