Ein Schneider und seine kriminelle Kundschaft!
The Outfit (Film 2022): Feierte im Februar auf der Berlinale seine Weltpremiere. So lässt Drehbuchautor Graham Moore, bei seinem Regiedebüt seinen Hauptdarsteller Mark Rylance die Unterwelt aufmischen. In diesem Krimi Thriller lässt sich die „feine“ Gesellschaft der Stadt ihre Anzüge von dem ausgewanderten, britischen Maßschneider Leonard Burling anfertigen.
Dieser hält wiederum einen toten Briefkasten in seinen Geschäftsräumen parat, welcher für allerlei illegale Aktivitäten genutzt wird. Besonderer Aufruhr entsteht, als für den Mafia-Boss Post von „The Outfit“, einer Verbrecher Organisation, hinterlegt wird. Als kurz darauf Richie, der Sohn des Chicagoer Paten, angeschossen wird, beginnt nicht nur für die „Bösen“ eine chaotische und vor allen Dingen tödliche Nacht. Der Trailer machte schon mal Lust auf mehr, ob mich Moores Regiearbeit nach der Sichtung ebenso wie sein Drehbuch überzeugen konnte, erfahrt Ihr wie immer in den nachfolgenden Zeilen.
Der Schneider beginnt sein Spiel
1956: Einst verließ der gelernte Anzugschneider Leonard (Mark Rylance), seine britische Heimat, womit ihn sein Weg von London nach Chicago führte. Seine neu eröffnete Maßschneiderei lockt nicht nur die noble Gesellschaft, sondern auch die mächtigen Verbrecher der Stadt an. So auch den Mafiaboss Roy Boyle, der nicht nur Leonards Handwerkskunst schätzt, sondern auch dessen Diskretion. Weshalb dieser sein Geschäft als Austauschort illegaler Nachrichten nutzt.
Für den Maßschneider gilt äußerste Zurückhaltung, weshalb er auch geflissentlich über diverse Vorkommnisse hinweg schaut. Was seine Angestellte Mable gar nicht verstehen kann und das, obwohl sie ein Verhältnis mit dem Sohn des Gangsters hat. So finden Sohn Richie und dessen Mann fürs Grobe, eines Tages eine Nachricht von „The Outfit“, einer Organisation einst gegründet von Al Capone, vor. Dies führt zu einiger Unsicherheit, wird in deren Schreiben doch von einem Maulwurf, einer Ratte in Boyles Organisation gesprochen. Doch wer kann der Verräter sein?
Die Situation verschärft sich, als ein Tonband auftaucht und Richie angeschossen wird. Des Gangsters rechte Hand Francis sucht daraufhin mit ihm Unterschlupf in dem Laden des Briten. Hier zwingt er Leonard, seinen Kumpan zusammen zu flicken und versucht dabei herauszufinden, was sich auf diesem Tonband befindet. Während er unterwegs ist, kommt der Sohn des Gangsterbosses zu sich. Angestachelt von Leonard stellt sich dieser die Frage, weshalb sein Kumpan allein versucht, das Geheimnis dieser Tonaufnahme zu enträtseln.
Ist er eventuell die Ratte und möchte verhindern, dass man ihm auf die Schliche kommt? Noch chaotischer wird es, als Boyles Sohn den Handlanger seines Vaters zur Rede stellt und es zu einem Shootout kommt. Francis erschießt den Sohn seines Chefs und die Tragödie nimmt ihren Lauf. Womit auch der sanftmütige Herrenschneider in diese Problematik hineingezogen wird. Etwas, das seinem Boss nicht gefallen wird, womit schnellstmöglich ein Schuldiger, am besten gleich der Spitzel des FBI, als Sündenbock hermuss. Doch wer ist der echte Verräter?
Erinnerung an „Cocktail für eine Leiche“
Bereits mit seinem Drehbuch für den Bio-Pic Thriller „The Imitation Game – Ein streng geheimes Leben“, bewies Moore ein Händchen für spannende Geschichten, welche auf wahren Begebenheiten beruhen. In diesem spielte Benedict Cumberbatch („Spider-Man: No Way Home„) den Krypto-Analytiker Alan Turing, der einst die Verschlüsselungsmaschine des Dritten Reichs, genannt Enigma, knacken konnte. Bei seinen Recherchen für seinen Film stolperte der Regisseur über einen historischen Bericht.
In diesem wurde davon erzählt, dass die ersten Beweise gegen das organisierte Verbrechen, tatsächlich in einer Chicagoer Maßschneiderei mittels einer Wanze aufgenommen werden konnten. So entstand die Geschichte eines Schneiders, einem Meister in seinem Fach, der überwiegend die Verbrecher der Stadt Chicago einkleidet und indirekt tiefer in die kriminellen Machenschaften gezogen wird. Damit steht die Frage im Raum, inwiefern dieser seine stille „Unterstützung“ noch moralisch vertreten kann. Hierbei kann ich gleich vorwegnehmen, dass die Figur des Maßschneiders, von dem Briten Sir Mark Rylance („Dunkirk“) hervorragend dargestellt wurde.
In weiteren Rollen sehen wir als Gangsterboss Simon Russell Beale („Thor: Love and Thunder“). In der Rolle als Sohn von Roy gibt es ein Wiedersehen mit Dylan O’Brien („Love and Monsters„). Die rechte Hand des Gangsterbosses wird von Johnny Flynn („Die Täsuchung“) gespielt. Die Assistentin und Buchhalterin Mable wird von Zoey Deutch („Zombieland 2“) verkörpert. Die Rolle der Gegenspielerin La Fontaine, übernahm die in Nigeria geborene Schauspielerin Nikki Amuka-Bird („Doctor Who„). Dazu gesellen sich noch ein paar kleinere Nebenrollen, unter anderem besetzt mit Alan Mehdizaheh als Monk oder Johnathan McCalin als FBI-Agent. Allgemein verzichtete der Regisseur auf ein großes Ensemble, was dieser ruhig und dennoch spannend inszenierte Film auch gar nicht braucht.
In Graham Moores Gangsterthriller spielt Mark Rylance im Jahr 1956 einen Schneider, der einst sein Handwerk in der „Londoner savile row“ (die erste Adresse in London, für maßgeschneiderte Anzüge) erlernte. Aufgrund einer Tragödie zieht der sanftmütige Londoner nach Chicago. Hier baute er sich ein neues Leben auf und arbeitet mit seiner Assistentin Mable zusammen, welche unter anderem seine Buchhaltung macht.
Seine Schneiderkunst lockt dabei nicht nur die noble Gesellschaft, sondern auch die Verbrechergilde an, die sich ebenfalls gerne teuer kleiden. So wird er schnell zum „Haus und Hofschneider“ der Gangsterfamilie. Die ihn leider auch in ihre unsauberen Machenschaften verstrickt. Ein Schreiben von der von Gangsterboss Al Capone gegründeten Verbrecherorganisation „The Outfit“, lässt den Chicagoer Paten aufhorchen. Soll es doch einen Spitzel in seiner „Familie“ geben, ebenso scheint ein Bandenkrieg anzustehen. Zu dumm, dass sich diese Geschehnisse in Leonards Maßschneiderei verlagern, oder war dies eventuell sogar gewollt?
So spielt der Regisseur in perfekter Alfred Hitchcock Manier nicht nur seine Figuren gegeneinander aus, sondert ebenso mit seinen Zuschauern. In seinem Gangsterthriller tritt die Hauptfigur zwar als besonnener Schneider auf, der vermeintlich kein Wässerchen trüben kann. Dieser scheint dennoch etwas mit Präzision und Sorgfalt geplant zu haben. So kommt es nicht von ungefähr, dass ich den Meister des Suspense, Alfred Hitchcock erwähne. Wird man bei diesem Thriller doch schnell an „Cocktail für eine Leiche“ erinnert. Sprich ein begrenztes Setting, in dem Fall die kleine Schneiderei.
Eine überschaubare Anzahl an Darstellern. Sowie ein Mord, den es zu vertuschen gilt, der jedoch jederzeit aufgedeckt werden kann. Von der bekannten Holztruhe, welche die Leiche beherbergt ganz zu schweigen. Dabei braucht das ausgeklügelte Drehbuch von Regisseur Graham Moore, den Vergleich mit Hitchcocks „Cocktail für eine Leiche“ nicht zu scheuen. Sitzt man als Zuschauer bei diesem Thriller arg gespannt vor dem Bildschirm. Ohne dabei zu wissen, wie die Beteiligten aus dieser äußerst angespannten Situation kommen sollen. Gilt es doch für die Beteiligten die Nacht zu überleben. Und hat man als Zuschauer das scheinbare Finale erreicht, hat der Regisseur noch eine Überraschung parat.
The Outfit, The Fazit:
Auch wenn ich Graham Moore bei seinem Erstlingswerk auf dem Regiestuhl mit Vorschusslorbeeren überhäufen möchte, muss ich zugeben, dass er dem Zuschauer mit seiner Inszenierung Filmkunst vom Feinsten präsentiert. Obgleich ruhig und in einem begrenzten Setting. Baut der Film im Verlauf nicht nur Spannung, sondern mehr und mehr Interesse an der Hauptfigur auf.
Rylance brilliert hier mit seinem Spiel, des demütigen und freundlichen Schneiders Leonard Burling. Ohne gleich zu viel zu verraten, erahnt man an Rylance Mimik, dass diese Figur ein bewegtes, wie auch tragisches Leben hinter sich haben muss. Ebenfalls hat es mich überrascht, wie es Graham Moore verstand dieses Kammerspiel / Theaterstück zu inszenieren. Ohne dabei langweilig oder gar eintönig zu wirken und dennoch mit Spannung und interessanten Figuren zu punkten.
Auch die Kameraarbeit ließ bei mir teils klaustrophobische Gefühle, besonders in dem dunklen Hinterzimmer aufkommen. . Wer von den Zuschauern Spaß an ausgefeilten Geschichten und Figuren hat und sich nicht an ruhiger Inszenierung stört, wird hier mit einem äußerst spannenden Gangsterthriller belohnt. Wer wiederum schon Freude an dem Krimi Thriller „Knives Out“ hatte, sollte hier definitiv einen Blick riskieren.
Noch ein Blick auf die Blu-ray Veröffentlichung:
Die Blu-ray selbst kommt leider ohne Extras daher. Zumindest fand ich bei dem mir vorliegenden Pressemuster keinerlei Bonusmaterial vor, schade. Dafür kann die Bildqualität überzeugen, besonders da der Film recht viele dunkle Szenen aufweist. Hierbei konnte die Schwarzwerte durchweg überzeugen, womit Details immer erkennbar blieben.
Moore entschied sich überwiegend für eine warme Farbgebung, die auf knallige Farben verzichtete und ein angenehmes Seherlebnis hinterließ. Die Bilder wirkten durchgehend scharf und wie schon der Schwarzwert, empfand ich die Kontraste als äußerst ausgewogen. Womit ich mit dem Bild durchweg zufrieden war. Wie bekannt beziehe ich mich beim Ton überwiegend auf die Dialogverständlichkeit und diese war hier ausgezeichnet.
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