STILLWATER – GEGEN JEDEN VERDACHT – REVIEW
„STILLWATER – GEGEN JEDEN VERDACHT“ Matt Damons versuch die Unschuld seiner Tochter zu beweisen. Ein schier unmögliches Unterfangen werden.

„STILLWATER – GEGEN JEDEN VERDACHT“ Matt Damon ist wieder auf der Jagd, dieses Mal nicht als Jason Bourne, sondern als Bauarbeiter Bill Baker aus Stillwater. Ein Drama belastet Bills Leben, sitzt seine Tochter Allison wegen Mordes bereits seit fünf Jahren in Marseille im Gefängnis. Allgemein scheint es das Schicksal mit den Bakers nicht gut zu meinen, verlor Bill doch auch schon seine Frau.
Aber auch als Vater scheint er versagt zu haben, womit er nun versucht alles richtig und regelkonform zu machen. So versucht er, jeden Job an Land zu ziehen, um Geld zu verdienen. Dies benötigt er dringend um seine Tochter im fernen Frankreich besuchen kann. Doch der jetzige Besuch könnte die Wendung bringen, da seine Tochter neue Informationen über den wahren Täter besitzen könnte. Bill versucht, alle Register zu ziehen, doch die Mühlen der Gerechtigkeit arbeiten überall äußerst langsam. Ob mich die Regiearbeit von Tom McCarthy („Michael Clayton“, „Pixels“) überzeugen konnte, erfahrt Ihr wie immer in den nachfolgenden Zeilen.
Weit weg von der Heimat
Das Leben meint es nicht besonders gut mit Bill Baker Stillwater im amerikanischen Bundesstaat Oklahoma. Bills Leben lief noch nie so richtig rund, was nicht zuletzt daran liegt, das er noch nie der Vorzeigefamilienvater war. Seine Frau ist schon länger tot und die gemeinsame Tochter Allison, sitzt wegen Mordes seit fünf Jahren im Gefängnis im französischen Marseille. Seither versucht, Bill alles richtig zu machen, und nimmt jeden Job an, den er nur kriegen kann. Will er doch seine Kleine im Gefängnis besuchen, damit sie spürt, dass sie nicht allein ist. Bills jetziger Besuch könnte diesmal die Wendung im Fall seiner Tochter bringen. Welche seit ihrer Verurteilung beteuert, ihre Freundin nicht umgebracht zu haben. Allison scheint neue Hinweise auf den wahren Mörder erfahren zu haben. Doch für die französische Justiz ist der Fall abgeschlossen. Und solange es nur Vermutungen und keine handfesten Beweise gibt, wird kein Berufungsverfahren eingeleitet.

So beginnt Bill, entgegen dem Wunsch seiner Tochter, auf eigene Faust diesen Hinweisen nachzugehen. Ist Allison doch der Meinung, Bill würde auch dies, wie den Rest seines Lebens „verkacken“. Doch wo soll Bill anfangen, kann der wortkarge Amerikaner doch kein Wort Französisch. Hier hilft ihm der Zufall, da sich die Tochter seiner Zimmernachbarin im Hotel ausgeschlossen hat und er der Kleinen hilft eine neue Schlüsselkarte zu bekommen. Aus Dankbarkeit hilft ihm die Virgine, die Mutter der kleinen Maya. Somit kommt Bill dem vermeintlichen Täter tatsächlich immer näher. Als Fremder in der Fremde steht er jedoch allein gegen ein ganzes Stadtviertel. Kennt er doch weder die Kultur, die Sitten und das Land. Seine Unwissenheit kostet ihn fast das Leben. Dennoch will er nicht akzeptieren, dass er vermutlich die einzige Chance verspielt hat, seine Tochter aus dem Gefängnis zu holen. So bleibt er erstmal in Frankreich, passt sich an und versucht das Beste, aus der Situation zu machen. Doch es soll noch dramatischer für den schwer gebeutelten Bill kommen.
Ein Vater im Kampf um seine Tochter
Nach „Spotlight“ folgt Regisseur Tom McCarthy erneut einer Geschichte mit realen Hintergründen. Inspiriert wurde McCarthy von der wahren Geschichte der Amerikanerin Amanda Marie Knox. Diese wurde 2007 wegen Mordes inhaftiert und in Italien zu einer Freiheitsstrafe von 26 Jahren verurteilt. Davon saß vier Jahre ab, bis sie bei einer Berufungsverhandlung freigesprochen wurde. Dennoch handelt es sich bei „Stillwater“ nicht um einen biografischen Film, sondern um ein Drama, welches sich in Grundzügen an Knox Fall orientiert. In McCarthys Film soll Bill Bakers Tochter Allison, ihre Freundin Lina ermordet haben, woraufhin sie inhaftiert und zu einer Gefängnisstrafe verurteilt wurde. Ihr vom Leben gebeutelter Vater Bill, hervorragend dargestellt von Matt Damon, übernimmt jeden Bauarbeiter Job, um seine Tochter in der französischen Hafenstadt Marseille im Gefängnis besuchen zu können. Für ein Auslandsstudium reiste einst seine Tochter nach Frankreich. Bei ihrer Abreise schenkte er ihr noch ein goldenes Kettchen mit dem Namen ihrer Heimatstadt „Stillwater“ als Andenken. Damals ahnte er noch nicht, welches Drama sich bei dieser Reise ereignen würde. So reist er nun alle paar Monate nach Marseille, doch auch Bill schleppt schon so einige Bürden mit sich herum. Verstarb doch bereits seine Frau und auch sonst, handelte es sich schon lange nicht mehr um eine intakte Familie, hat Bill bereits doch schon genug Fehler gemacht.

Als Thriller-Drama angekündigt, empfand ich diesen doch mehr als Drama anstatt Thriller, selbst wenn es ein paar spannende Szenen gibt. Matt Damon spielt seine Figur Bill Baker, als wortkargen und überaus ruhigen Mann. Diesem sieht man die Last der letzten Jahre zu jeder Minute an. Scheint dieser doch nicht nur vom Schicksal gebeutelt worden zu sein, sondern leidet auch an seinen eigenen Fehlern. Womit er nur noch versucht, das Richtige zu tun und sich so weit als möglich an alle Regeln hält. Man hat bei Damons Spiel fast schon den Eindruck einem Stoiker zu folgen. Dennoch ist dies auch nur eine Fasade, die ebenfalls zu bröckeln beginnt. Abigail Breslin spielt seine Tochter Allison, diese scheint an diesem Punkt im Film am Ende ihrer Kräfte zu sein. Womit Bill versucht, alles zu tun, was seine Tochter aus dieser Hölle befreien kann. Im Gegensatz zu gängigen Genrevertretern wird Matt Damon diese Mal nicht zum „Superheld“. Er ist ein normaler Mensch, der wie andere auch den Gesetzen unterworfen ist. Von der Sprachbarriere ganz zu schweigen. Besonders als Fremder, in einem anderen Land, könnte er ebenfalls schnell im Gefängnis landen und dennoch lehnt er sich zweimal ganz weit aus dem Fenster. So baut Regisseur Tom McCarthy schon zu Beginn eine sehr bedrückende Stimmung auf, die nur von Bill Bakers Bekanntschaft, der Theaterschauspielerin Virgine und ihrer Tochter Maya unterbrochen wird.

Wer nun glaubt, dass der Film bei all der Bitternis auf eine Happy End hinausläuft, täuscht sich. Tom McCarthy präsentiert dem Zuschauer ein Ende, das einer bitteren Pille gleicht. Zwar folgt der Regisseur zu Beginn den wahren Begebenheiten von Amanda Knox, wendet den Film aber schon nach der Ankunft seiner Hauptfigur in Marseille. So zeigt er uns einen gebrochenen Mann, der noch versucht das Beste, aus der herrschenden Situation zu machen. So dreht sich McCarthys Film mehr um die Figur Bill Baker, anstatt um seine inhaftierte Tochter. Hierbei folgt man mehr dieser Figur und ist bei seinem Scheitern, wie auch der Neuorientierung dabei. Besonders bitter ist es, wenn er bei dem Gedanken das Richtige zu tun, sein neu gefundenes Glück verwirkt. Es hat fast den Anschein als wolle das Schicksal dem Protagonisten, selbst dieses kleine Bisschen nicht gönnen. Tom McCarthy setzt gen Ende noch einen drauf und stellt ganz ohne Hemmungen den Patriotischen Geist der Amerikaner, als recht verlogen dar. Hier sei nur der Satz erwähnt „ich hatte versprochen, dass wir unser kleines Mädchen nach Hause holen werden“. Zusammen mit der Erkenntnis die Bill Baker erfährt, dürfte jedem Zuschauer das Ende wie die erwähnte bittere Pille im Hals stecken bleiben.
Das bittere Fazit:
In „Stillwater – Gegen jeden Verdacht“ ließ sich Regisseur Tom McCarthy wie bereits erwähnt, von der Geschichte der Amerikanerin Amanda Knox inspirieren. Dennoch handelt es sich in „Stillwater“ nicht um ein biografisches Werk. Tom McCarthy erzählt die fiktive Geschichte der Tochter des Bauarbeiters Bill Baker, namens Allison. Diese wurde, wie Amanda Knox wegen Mordes an ihrer Freundin inhaftiert. In seinem Film konzentriert sich McCarthy somit mehr auf Allisons Vater Bill. Wieder einmal hervorragend dargestellt von Matt Damon. Eine Figur dem das Leben schon mehrfach übel mitgespielt hat. So versucht Bill, auf stoische Art dieses Drama zu überstehen. Neue Beweise könnten seine Tochter entlasten, doch niemand will diesen nachgehen. Für ihn, trotz aller Widrigkeiten: bestehend aus fremder Kultur wie auch Sprache, die Chance bei seiner Tochter wieder einiges gut zu machen. Wer nun glaubt, einen Thriller zu sehen, in dem Matt Damon in Jason Bourne Manier versucht, seiner Tochter zu helfen, irrt gewaltig.

Matt Damon spielt einen gebrochenen Mann, der dieses Mal versucht, alles richtig zu machen. Dabei kämpft er gegen allerlei Widrigkeiten, ohne jedoch groß etwas zu erreichen. Ist er doch nur ein einfacher Mann, im fernen Frankreich. Zwar erhält er die Chance, die Wahrheit ans Licht zu bringen. Diese gleicht jedoch einem Schlag ins Gesicht, besonders wenn man bedenkt, was diese alles zerstört. So bleibt dem Protagonisten erneut nur eines übrig, er muss auch dies Ertragen. Zur Gänze konnte mich die Geschichte nicht abholen, blieb ich doch an ein, zwei Denkfehlern hängen und auch mit der Einstufung, eines Thriller-Dramas gehe ich nicht konform. Drama ja aber Thriller? Es gibt zwar eine Handvoll spannender Szenen, diese reichen beileibe nicht für einen Thriller aus. In „Stillwater“ ist man eher wie in „Nomadland“ ganz nah an der Figur dran und erlebt die auftretenden Probleme und Dramen ganz nah mit. Ebenso ist es wie in „Nomadland“, die Performance des Hauptdarstellers, welche den Zuschauer mitnimmt. Man will einfach wissen, wie es mit dieser Person und ihren Problemen weitergeht.
Wo die Wortkargheit der Hauptfigur überwiegt, überzeugt Matt Damon mit seiner Mimik und Körpersprache. Sind seine Dialoge doch recht übersichtlich. Einzig bei der Tochter der Französin Virgine namens Maya, wird er im Vergleich fast schon zu einem Plappermaul. Dieser Teil des Films beinhaltet dabei viel positive Emotionalität, während der Rest des Films, eine recht deprimierende Stimmung versprüht. Der Film verläuft überwiegend recht geradlinig, bis sich gen Ende ein entscheidender Twist anbahnt. Noch mehr überraschte mich der Regisseur damit, dass er den von den Amerikanern so gefeierten Patriotismus ins Lächerliche zieht. Gerne wird von den amerikanischen Politikern der Satz benutzt: „wir lassen niemanden zurück“. Wer diese Floskel kennt, dem dürfte eine Dialogzeile am Ende des Films wie wahrer Hohn vorkommen. Tom McCarthy bleibt auch am Ende seinem vorherrschenden Stil treu, womit es kein Happy End im klassischen Sinn gibt. Oder anders gesagt, eine Happy End ohne Happy, bleibt einem das Finale doch wie ein Kloß im Hals stecken. Freunde wirklich gut gemachter Film Dramen sollten hier auf jeden Fall mal einen Blick riskieren, unter anderem auch wegen Matt Damons hervorragender Darstellung, die einen mitfreuen wie auch mitleiden lässt.
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