RAN – REVIEW
„RAN“ Akira Kurosawas Meisterwerk über den tiefen Fall einer japanischen Fürsten Familie in Japan des 16. Jahrhunderts. Ein jeder auch ein Fürst wird für seine Sünden eines Tages büßen müssen.

„RAN“ was zu Deutsch Unruhe und Aufstand heißt, ist ein Film aus dem Jahr 1985, des großen japanischen Regisseurs Akira Kurosawa. Sein Historienfilm basiert auf der Legende Daimyō Mori Motonari, die Kurosawa mit Elementen aus Shakespeares „King Lear“ versah. „Ran“ war Kurosawas letzter großer und bis dato auch Japans teuerster Film. In diesem erzählt er die Geschichte eines Fürsten, der sich über die Jahre ein großes Reich eroberte. Nun im Alter möchte er sich zurückziehen und die Macht an einen seiner drei Söhne abgeben, doch dieses Vorhaben ist der Anfang vom Ende. Vor Kurosawas Tod folgten zwar noch drei weitere Filme, diese reichten aber nicht mehr an dieses Epos heran. Wie „Ran“ heute auf mich wirkt und ob dieser mich noch überzeugen kann, erfahrt Ihr wie immer in den nachfolgenden Zeilen.
Ein Fürst, ein Reich, drei Söhne
Wir befinden uns in Japan im 16. Jahrhundert. Sein Leben lang erkämpfte sich Fürst Hidetora Ichimonji ein riesiges Reich. Doch das Alter hat ihn müde gemacht. So beschließt er, an einem sonnigen Tag vor den Toren seines Palasts ein Treffen zwischen seinen Söhnen und zwei weiteren Fürsten abzuhalten. Hier möchte er nicht nur Verlobungspläne besprechen, sondern auch seine Nachfolge regeln. Doch bevor es so weit kommt, nickt Ichimonji kurz ein und erwacht nach einem bösen Albtraum. In diesem sah er seinen Untergang. Aber was ist schon ein alberner Traum, wenn es gilt einem seiner Söhne die Herrschaft zu übergeben. Während zwei seiner Söhne Taro und Jiro sich mit dem Gedanken anfreunden können, überwirft sich der jüngste Sohn Saburo mit seinem Vater und wird von diesem verbannt. Er ist der Meinung, dies sei eine wahnsinnige Idee und er sollte recht behalten.

Es stellt sich heraus, dass Fürst Hidetora Ichimonjis Altersruhepläne doch nicht gut gewählt waren. Wollte er doch den Großfürsten Titel und somit einen Teil seiner Macht behalten, wird er von seinem Sohn Taro dazu gedrängt alles an ihn zu überschreiben. Woraufhin Fürst Ichimonji zum Gespött seiner Männer wird. So will er zu seinem zweiten Sohn Jiro ziehend. Doch dieser wird von Taro gewarnt, ihrem Vater Unterkunft zu gewähren. Letztlich beginnt der irrsinnige Gedanke zu grassieren, der alte Fürst müsse komplett von der Bildfläche verschwinden. Dieser intrigante Plan wurde Taros Frau erdacht. Damit hetzt sie nicht nur die beiden Brüder aufeinander, sondern wirft sich dem Überlebenden Jira an den Hals. Diesen überzeugt sie seinen Vater aufzuspüren und zu töten. Was ziemlich schwerfallen wird, da Fürst Ichimonji dem Wahnsinn nahe in die Berge flüchtete. Seine einzige Hoffnung, sein Sohn Saburo den er jedoch verbannte und sich scheut diesen um Hilfe zu bitten. Wird er seinem Vater vergeben und in der Lage sein, die Pläne seiner Schwägerin zu überwinden?
König Lear auf Japanisch
Laut Akira Kurosawa basiert sein Film „Ran“ auf der Legende von Daimyō Mori Motonari, einem Kriegsherrn und Strategen des 16. Jahrhunderts. Dieser vergrößerte sein Reich und seine Macht durch geschickte Kriegsführung und Intrigen. Den wesentlich größeren Anteil nimmt jedoch Shakespeares Tragödie „König Lear“ in Kurosawas Geschichte ein. Hier übernimmt Fürst Hidetora Ichimonji die Rolle König Lears. Dessen Söhne stehen dabei stellvertretend für König Lears Töchter. Ebenso ist der treue Diener in Verkleidung und sein Hofnarr, wie in Shakespeares Bühnenstück vertreten. Ich werde mich ab jetzt aber mehr auf die Geschichte um Fürst Ichimonji konzentrieren und weniger die Vergleiche mit „König Lear“ herausarbeiten. Dies würde sonst den Rahmen dieses Reviews sprengen.

So erzählt Kurosawa die Geschichte des Fürsten Hidetora Ichimonji, der sein Reich über die Jahrzehnte mit geschickter Kriegsführung zu vergrößern wusste. Dabei ging er nicht gerade zimperlich vor, sondern zerschlug etwaigen Widerstand mit aller Härte. Jahre später ist Ichimonji müde geworden und möchte sein Reich an seinen ältesten Sohn Taro abgeben. Noch bevor er seine Pläne verkündet hat er einen Albtraum, der ihm ein furchtbares Ende zeigt. Sein jüngster Sohn Saburo rebelliert, da er die Idee seines Vaters für Irrsinn hält. Woraufhin ihn sein Vater verbannt. Letztlich soll Ichimonjis Traum wahr werden und Saburo recht behalten. Womit Kurosawa wieder vollends mit Shakespeares Tragödie gleichzieht.

Für den Zuschauer ist anfangs nicht klar, worauf Kurosawas Film zielt, dennoch erahnt man auf Grund des Traums wohin die Reise gehen wird. Letztlich kann man diesen als Vorsehung betrachten. Das Leid welches der Ichimonji Clan über das Land brachte, fällt in gleicher Härte auf den Fürsten zurück. So verfolgen wir den Leidensweg, der Ichimonji erst in das Haus seines Sohnes Taro führt, von dem er sich verraten fühlt und zu Sohn Jiro flüchtet. Der ebenfalls nichts Gutes für seinen Vater angedacht hat. So beginnt eine Hetzjagd auf den Fürsten, bei dieser sich ebenfalls die Truppen von Taro und Jiro ins Gehege kommen. Dem Tode nahe und dem Wahnsinn noch viel näher flüchtet Ichimonji in die Berge.

Bei diesen Szenen war Akira Kurosawa nicht gerade zimperlich. Die erste Schlacht und der ausbrechende Wahn des Fürsten, wird ohne Geräusche und einzig mit melodramatischer Musik in Szene gesetzt. Diese aufkommende Stimmung ist äußerst bedrückend. Dabei spart Kurosawa ebenfalls nicht mit heftigen Szenen und harten Filmschnitte. Dieser lässt das Blut nur so strömen und Körperteile fliegen, sodass die Berge der Toten nur so anwachsen. So grausam die Szenerie, so sehr fesselt der Regisseur sein Publikum mit diesen Bildern. Diese Bilder sind die Auswirkungen einer Intrige, die Taros Frau in Gang setzt. Sie verfolgt ebenfalls einen perfiden Plan, dessen Hintergründe ich nicht verrate. Unter Jiros Herrschaft jagt ein jeder Mann seinen Vater. Der sich mit seinem verkleideten Diener und seinem Hofnarren ziellos durch das Land bewegt. Als Zuschauer beginnt man das Ende zu erahnen und fast hatte ich das Gefühl, das sich Kurosawa einer weiteren literarischen Vorlage bediente. So kam ich nicht umhin, im weitesten Sinn an Dostojewskis „Schuld und Sühne“ zu denken.
Genug der schlauen Worte, ab zum Fazit:
Kurosawas Werk „Ran“ obgleich fast drei Stunden lang (huch, das reimt sich ja), kann mich immer noch in den Bann ziehen. Was nicht zuletzt an der Schauspielkunst von Fürst Ichimonji Darsteller Tatsuya Nakadai lag. Dieser verkörperte den gepeinigten und dem Wahnsinn nahen Fürsten, auf eine fast hypnotische Art. Selbst wenn die Dialoge und Monologe teils recht lang sind, folgt man diesen unaufhörlich. Ebenso hypnotisierend verhält es sich mit der Geschichte und den gezeigten Bildern, man bleibt dran, man möchte wissen, wohin sich diese entwickeln wird. Dabei muss man mit voller Aufmerksamkeit dabeibleiben, sonst verliert man den Faden. Sobald die ersten unbekannten Figuren auftauchen. Überraschend fand ich, das Fehlen der üblichen japanischen ausufernden Melodramatik. Kurosawa erzählt die Geschichte zwar teils in Form eines Theaterstücks, mit etlichen Monologen, die bekannte japanische Melodramatik, hielt sich dabei in Grenzen.
Dennoch ist es bei weitem kein leichter Film, selbst die Scherze des Narren, bleiben einem im Halse stecken. Mit Bezug auf Shakespears King Lear (König Lear) fährt Kurosawa das volle Programm einer Tragödie ab. Für mich ist „Ran“ immer noch ein sehenswerter Streifen des Meisters, eine Sichtungsempfehlung kann ich, aber nur denjenigen aussprechen, die sich auch die Zeit für den Film nehmen können und wollen. Es ist definitiv keine leichte Kost und für nebenher schon gar nicht geeignet. Trotzdem ist Kurosawas „Ran“ ein filmisches Meisterwerk geworden. Gekonnt auf den Punkt inszeniert und ebenfalls gekonnt mit allerlei Stilmitteln versehen. Diese lassen den Zuschauer öfter mal zur Fernbedienung greifen, um zurück zu spulen. Denn manche Szenen kann man in diesem Film, einfach nicht beim ersten Mal zur Gänze erfassen.
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