NOMADLAND (2020): Review

NOMADLAND: Frances McDormand unter Nomaden!

NOMADLAND: Der Film der Regisseurin Chloé Zhao zeigt uns die wunderbare Schauspielerin Frances McDormand, als moderne Nomadin im Amerika der Jetztzeit. Basierend auf dem Sachbuch der Autorin Jessica Bruder mit dem Titel „Nomaden der Arbeit: Überleben in den USA im 21. Jahrhundert“, entwickelte Zhao die Geschichte um die Witwe Fern.
Hierbei zeigt die Regisseurin, wie nah Wohlstand und Arbeitslosigkeit beisammen liegen. Im Vergleich zu Deutschland, kann man in dem Land der grenzenlosen Möglichkeiten auch von heute auf morgen vor dem absoluten Nichts stehen, ohne Arbeit und ohne Heim. Warum Fern dieses Schicksal durchleben muss und wie sich der Oscar Gewinner des Jahres 2021 bei mir geschlagen hat, erfahrt Ihr wie immer in den nachfolgenden Zeilen.
Eine unendliche Reise
Fern kennt schon alle Höhen und Tiefen des Lebens, sei es der tot ihres Mannes, der Verlust ihrer Arbeit und sogar der Untergang ihrer Heimatstadt und ihres Zuhauses. Nach der wirtschaftlichen Krise konnte sich der einzige große Arbeitgeber der Gemeinde nicht mehr halten. So verloren die Menschen dieser Ortschaft nicht nur ihre Jobs, sondern durch den Entzug der Postleitzahl des Örtchens auch ihre Heimat.
Eine weitere Geisterstadt in den Weiten Amerikas. Fern blieb nichts weiter übrig, als mit ihrem alten Van nach neuen Möglichkeiten zu suchen. Nur ihre liebsten Sachen fanden Platz in diesem rostigen Vehikel, das mehr und mehr zu ihrem Heim werden soll. Es bleibt Fern nichts anderes übrig als sich vorläufig mit der Situation zu arrangieren, hat sie doch auch schon ganz andere Probleme und Dramen überstanden.

Erstmal Arbeit finden, das ist der Plan und so landet sie als Saisonarbeiterin bei Amazon. Nichts Dauerhaftes aber wenigstens ein Einkommen. Doch bald merkt Fern, dass es in ihrer alten Gegend einfach zu kalt wird, um in einem Van zu überwintern. Ein Tipp ihrer Kollegin führt sie zu einem Nomadentreffen im Süden. Dort erfuhren viele andere das gleiche Schicksal wie sie.
Anstatt sich zu beklagen, machen diese dennoch das Beste daraus. Die Tage, Wochen und Monate vergehen und Fern stellt sich mit der Zeit die Frage, ob sie überhaupt noch ein festes Heim braucht oder die grenzenlose Freiheit ihre neue Heimat ist. Doch so verlockend dieses freie Leben auch ist, es birgt eine Menge Unsicherheit und allerlei Gefahren.
Frances McDormand, die moderne Nomadin
Ja, Amerika ist das Land der grenzenlosen Möglichkeiten und Freiheiten, es ist aber auch das Land der urplötzlichen Armut und Heimatlosigkeit. Dies ist die Schattenseite dieses Landes. Trotzdem wissen sich die Amerikaner zu helfen und so kehrte der Begriff „Nomaden“ als eine amerikanische Lebensweise zurück. Diese Entwicklung ist dem plötzlichen Verfall von Städten geschuldet.
So ist es auch heute noch Gang und gebe, dass es in Amerika Gemeinden und kleine Städte gibt, die nur einen einzigen Arbeitgeber besitzen. Stirbt dieser, stirbt auch die Ortschaft. Einer der Gründe warum es in Amerika so viele Geisterstädte gibt. Diesen Arbeits- und heimatlosen Menschen bleibt nichts anderes übrig, als weiterzuziehen. Einige schaffen es, wieder Fuß zu fassen und sesshaft zu werden.
Andere wiederum sind gezwungen, von Ort zu Ort und Arbeit zu Arbeit zu reisen. Dies ist Thema des Sachbuchs „Nomaden der Arbeit: Überleben in den USA im 21. Jahrhundert“, der Autorin Jessica Bruder. Basierend auf diesem entwickelte Regisseurin Chloé Zhao die Geschichte um die fiktive Figur Fern, die dabei stellvertretend für eine von vielen moderne Nomaden steht.

So folgen wir ihr, als sie ihren Heimatort verlässt und sich eine neue Arbeit sucht. Dabei ergattert sie einen Job als Saisonarbeiterin über die Weihnachtszeit bei Amazon und ist im Januar schon wieder arbeitslos. Schnell merkt sie, dass die witterungs bedingugen nicht die Besten sind und sie sich im wahrsten Sinne des Wortes den A****llerwertesten abfriert.
So führt sie ihr Weg nach Süden, wo sie auf weitere Nomaden trifft, die ihr ihre Lebensweise näherbringen. Dennoch finde ich Zhaos Hauptfigur, die schon einiges durchlebt hat, teils recht naiv. Ist es doch klar, dass hier Gefahren lauern, die der moderne Stadtmensch, nicht einschätzen kann. Amerika ist ein weites Land, sogar ein sehr weites Land. Allein eine Panne kann hier schon das endgültige Aus bedeuten. Aber der Film zeigt auch die Hilfsbereitschaft unter den modernen Nomaden.
Es entstehen Freundschaften welche kommen und gehen, so wie diese „Reisenden“ ihre Routen ziehen und irgendwann wieder aufeinandertreffen werden. Letztlich ist es dieses Leben und diese grenzenlose Freiheit, die der einst sesshaften Fern es unmöglich machen, an einem Ort für immer zu verweilen.

Ein wirklich schönes Bild, welches Regisseurin Chloé Zhao hier zeichnet. So packte auch mich das Fernweh und der Wunsch, die grenzenlose Freiheit für mich zu entdecken. Doch ist diese Freiheit so grenzenlos? Für meinen Geschmack romantisiert Zhao dieses Leben etwas zu sehr. Natürlich werden hier auch weniger schöne Themen angesprochen, wie Hilflosigkeit, Geldmangel, Arbeitslosigkeit, Krankheit und letztlich auch der Tod.
Trotz solch einschneidender Momente rückt diese Dramatik niemals zu stark in den Mittelpunkt. Man ist zwar immer wieder Zeuge, wie Fern aufkommende Schwierigkeiten zu bewältigen hat. Doch im Gegensatz zu anderen Menschen, denen irgendwann die Kraft fehlt, scheint Fern jegliche Hürde fast schon mit einer gewissen Leichtigkeit zu nehmen. Während des gesamten Films stellte sich somit bei mir nie die Sorge ein, ob Fern all ihre Probleme auch wirklich gemeistert bekommt.
Selbst ein Motorschaden bringt sie nicht an den Rand der Verzweiflung. Fährt man doch mal schnell mit dem Bus zur Schwester und leiht sich 2000 Dollar und Schwupps geht das „lustige“ Nomadenleben weiter. Frances McDormands Darstellung wiederum, rettete die Szenerie mit ihrer Mimik. Diese vermittelt mal mehr mal weniger, die schwere Last auf den Schultern der Figur.
Anderseits zeigte sie auch wunderbar, wie man sich mit Komplikationen und Unannehmlichkeiten arrangieren kann. Irgendwie erinnert mich „Nomadland“ an „Im Rausch der Tiefe“ von dem französischen Regisseur Luc Besson. So handelt dieser auch von einem ganz eigenen Lebensstil und dem Traum diesen zu verwirklichen. Interessant daran, beide Filme enden trotz der Erfüllung der Träume nicht mit einem Hollywood typischen Happy End.
Und mit dem Fazit beendet das Nomaden Dasein
Regisseurin Chloé Zhao schuf mit „Nomadland“ einen schönen Film, mit schönen Bildern, schönen Einstellungen und einer wunderbar agierenden Frances McDormand. Basierend auf dem Buch „Nomaden der Arbeit: Überleben in den USA im 21. Jahrhundert“ erzählt Zhao, stellvertretend mit ihrer Figur Fern, dass „neue“ Leben vieler Amerikaner.
Frances McDormand zeigt hier eindringlich, was es bedeutet, wenn das Leben auf ein paar motorisierte Quadratmeter zusammen schrumpft. Ebenso zeigt sie Einschränkungen, Probleme und manche Gefahren, die dieses Leben mit sich bringt. Trotz der leichten Dramatik überwiegen in diesem Film die schönen Seiten des neu gewonnen Freiheitsgefühls. Natürlich kann so ein Nomadenleben seine Vorzüge haben.
Dennoch bin ich der Meinung, dass dies hier doch sehr romantisiert und meiner teils zu großen Leichtigkeit, wenn nicht sogar schon etwas zu naiv dargestellt wurde. Denn wie immer ist es etwas anderes, ob man sich bewusst für solch ein Lebensstil entschieden hat oder man dazu gezwungen wird, solch ein Leben führen zu müssen.

Letztlich ist „Nomadland“ ein schöner und einfühlsamer Film, mit einer tollen Frances McDormand geworden. Ihre Performance ist es letztlich, welche dem Zuschauer die Eindringlichkeit des Nomadendaseins vermittelt. Auch wenn dem Film eine Prise mehr Realismus und Dramatik gutgetan hätte, ist er dennoch sehenswert. Was nach „Three Billboards Outside Ebbing, Missouri“ erneut an einer hervorragenden Frances McDormand liegt.
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