NOBODY (2021): Review

Nobody: Stille Wasser sind tief und manche Brutal tief!

nobody 2021 - blu-ray cover
Nobody: Blu-ray

Nobody (2021): Nobodys, die es faustdick hinter den Ohren haben, gab es schon viele. Hier dürfte unter demselben Filmtitel, Terence Hill wohl einer der bekanntesten sein. Nun steigt Bob Odenkirk aus „Better Call Saul“ ebenfalls in die Rolle eines vermeintlichen Nobodys. Doch meist steckt hinter solch einem niemand, das genaue Gegenteil.

Kommt dann auch noch ein Drehbuch von „John Wick“ Autor Derek Kolstad zum Einsatz, kann man davon ausgehen das es heftig, also so richtig heftig zur Sache gehen wird. Dabei stellt sich die Frage, ob Bob Odenkirk, den wir bisher nur als windiges und ängstliches Wiesel namens Jimmy McGill alias Saul Goodman aus „Better Call Saul“ kannten, solch eine actionreiche Rolle überhaupt tragen kann. Ob dies der Fall war und wie mir der Film im Allgemeinen gefallen hat, erfahrt ihr wie immer in den nachfolgenden Zeilen.

Stille Wasser sind tief

Hutch Mansell ist der allseits bekannte freundliche Nachbar der Straße. Ein Büroangestellter, in der Metallwarenfabrik seines Schwiegervaters. Ein Durchschnittstyp den scheinbar der Alltag überrollte und dessen Leben an ihm vorbeizog. Sein Sohn schenkt ihm keine große Beachtung und seine Frau hält ebenfalls Abstand. Keine Liebesbezeugung und keine Intimität. Als eines Nachts ein Einbrecherpärchen das Haus der Mansells aufsucht, wäre das für Hutch die Chance aus seinem Mausloch herauszukommen.

Doch anstatt die Chance zu ergreifen, hält er inne und lässt die Einbrecher entkommen. Nicht nur das er damit das letzte Quäntchen Achtung vor seiner Familie verliert, er wird auch noch von den Nachbarn und seinem Schwager, einem Kriegshelden, verspottet. Die Einzige, die immer zu ihm hält, ist seine kleine Tochter Abby. Als sich herausstellt, dass die Einbrecher vermutlich auch Abbys KittyCat Armband gestohlen haben, platzt Hutch wortwörtlich der Kragen.

nobody frau und kinder auf der flucht
Frau und Kinder auf der Flucht! @ Universal Pictures

Somit zieht er mit dem Plan los, die Einbrecher aufzuspüren. Hinter Hutch scheint mehr zu stecken, als man ursprünglich annahm. So ist es ein leichtes für ihn das Pärchen aufzugabeln. Doch der Zorn verpufft, als er sieht das diese selbst ein kleines, krankes Baby haben. Stehlen sie doch, um Behandlung zu bezahlen. Voller Wut auf die Situation, auf sich selbst und die Welt nimmt Hutch den Bus zurück nach Hause. Wie es der Zufall will, steigen einige betrunkene, neureiche junge Männer hinzu. Sie pöbeln, spielen sich auf, bedrohen andere Fahrgäste und meinen ihnen gehöre die Welt.

Dies ist genau der Augenblick, auf den Hutch gewartet hat. Wie ein Berserker prügelt er einen nach dem anderen krankenhausreif. Unwissend das einer dieser Proleten, der Bruder eines durchgeknallten und berüchtigten russischen Unterweltgangsters, ist. Es ist zu erwarten, dass diesem nicht gefällt, was er im Krankenhaus zu sehen bekommt. So eröffnet dieser die Jagd auf Hutch. Aber anstatt panikartig das Land zu verlassen, scheint dies wie eine Erlösung für Hutch zu sein. Freut er sich doch geradezu auf die Konfrontation.

nobody bob odenkirk schlägt zurück
Hutch (Bob Odenkirk) schlägt zurück @ Universal Pictures

Bob Odenkirk auf Kriegspfad

Zugegeben, schon seit der Serie „Breaking Bad“, bin ich Fan von Bob Odenkirk. Dabei halte ich persönlich die Serie „Better Call Saul“ sogar für besser, was an Odenkirk Schauspiel selbst liegt. Dennoch tat ich mich schwer damit, mir Bob Odenkirk in einer Actionrolle vorzustellen. Besonders wenn das Drehbuch selbst, von „John Wick“ Schöpfer und Autor Derek Kolstad stammte. Trotz aller Zweifel muss ich sagen, dass mich Bob Odenkirk mit seiner Performance völlig überraschte und obendrein völlig begeisterte. Die Extras der Blu-ray zeigen, wie sehr sich Odenkirk in das Training hineinkniete. So bleibt mir nur den Hut vor Bob Odenkirk zu ziehen. Hat er doch alles gegeben und meiner Meinung nach hat sich das wirklich gelohnt.

Wer nun erwartet eine „John Wick“ Kopie zu sehen, den muss ich enttäuschen. Derek Kolstad bewegt sich mit seiner Geschichte zwar im Fahrwasser seiner bekannten Franchise. Dennoch wird hier auf das schier übermenschliche, eiskalte Vorgehen der bekannten Figur verzichtet. So kommt in diesem Film auch der Spaß nicht zu kurz, was nicht zuletzt an Christopher Lloyd („Zurück in die Zukunft“) liegt. Der als Hutchs Dad besetzt wurde und ihm Altersheim den Fernsehsendungen frönt. Kommt es aber darauf an, kann er den bösen Buben immer noch zeigen, wo der Hammer hängt.

nobody: hutch mit vater und kollege
Hutch, Dad und Kumpel ziehen in den Krieg @ Universal Pictures

Ebenso gibt es ein kurzes Wiedersehen mit Michael Ironside („Total Recall“). Diese hätte ich aber aufgrund seiner jetzigen Masse, fast nicht erkannt. Die Geschichte selbst ist schnell erzählt: Ex-Cleaner der Regierung hat vor Jahren den Job an den Nagel gehängt und sich eine Familie aufgebaut. Seitdem lebt dieser unentdeckt als kleiner Bürohengst in einer Vorstadt. Nach einem Zwischenfall werden seine alten Instinkte geweckt. So verärgert er, auf der seiner Suche nach Einbrechern, einen russischen Gangster, der Blutrache verlangt, was in einem Showdown endet.

Eine gängige Story, die völlig von Bob Odenkirk getragen wird. Man kann zwar erahnen, dass dieser Mann zu mehr fähig ist, als nur Zahlen in einen Computer zu tippen. Trotzdem lässt sein Auftreten immer Zweifel daran, wie viel wirklich hinter diesem Typ steckt. So dauert es eine Weile, bis er losgelassen wird, aber dann brennt nicht nur die Hütte, sondern auch das Herz eines jeden Actionfilm Liebhabers. Starke Szenen, super Choreografien, großartige Sprüche, was will man mehr.

Gefällt mir hier besonders das sich der Autor stets aufs wesentlich beschränkt. So kommen sich Hutch und seine Frau im Film zwar wieder näher, aber es gibt keine ausufernden, ausbremsenden Bettszenen. Sprich die Action bleibt der Mittelpunkt des Films. Ein Punkt, der mich in anderen Actionfilmen schon immer nervte. Sitzen doch dem Helden die Killer im Genick, aber für ein ausführliches Bettnümmerchen reicht es immer irgendwie, furchtbar sowas.

Fazit:

Nobody wurde meiner Meinung nach hervorragend von dem russischen Regisseur Ilya Naishuller, nach einem Drehbuch von „John Wick“ Schöpfer Derek Kolstad, umgesetzt. So lassen diese „Better Call Saul“ Darsteller Bob Odenkirk, wie eine Kampfmaschine auf die bösen Buben los. Absolut überrascht war ich von Odenkirks starken Einstand als Actiondarsteller. Das hervorragende daran, Odenkirks Optik vermittelt das komplette Gegenteil eines Actionhelden. Als dieser dann beginnt loszulegen, trifft dies den Zuschauer völlig unerwartet. Hier muss man Bob Odenkirk tiefsten Respekt zollen.

Aber erst das Making-of der Blu-ray zeigt, wie viel dieser Schauspieler trainierte, und übte, um dieser Rolle gerecht zu werden: Hut ab Mr. Odenkirk! Der Plot selbst wirkt schnörkellos und ohne unnötige Szenen inszeniert. Michael Ironside ist nur kurz zu sehen, mehr bekommt der Zuschauer dafür von Christopher Lloyd. Selten war ein Sprichwort wie: „wie der Vater, so der Sohn“ treffender als in „Nobody“. Killt Lloyd doch alles weg, was ihm vor die Flinte kommt. Die Actionszenen sind hervorragend choreografiert, die Musik ist stimmig und die Kameraaufnahmen untermalen die entsprechenden Szenen wie eine Oper der Zerstörung.

Bei all meinem Lobgehudel dürfte klar sein, dass „Nobody“ (2021) für mich die Actionperle des Jahres geworden ist. Das Ende zeigt erwartungsgemäß eine Szene, die einen möglichen zweiten Teil einläutet. Sollte es so sein, wird mein Jubel über mein Heimatstädtchen erklingen, möchte ich doch mehr von Bob Odenkirk in dieser Rolle sehen. Dennoch war ich anfangs etwas besorgt, da ich andere Kritiken las, die den Film ziemlich abwerteten und dass, obwohl mir mein Bauchgefühl nach Sichtung des Trailers, das gegenteilige sagte.

Gut wenn man sich auf sein Bauchgefühl verlassen kann. So geht meine Sichtungsempfehlung klar an alle „John Wick“ Fans, wie auch all den anderen Actionfilmfans da draußen. Wer als bekennender Genrefan keine Sichtung riskiert, ist wirklich selbst schuld.

Bild & Trailer © Universal Pictures – alle Rechte vorbehalten!