Liam Neeson ist Philip Marlowe!
Marlowe (Blu-ray 2023): Neeson ist zurück und schlüpft in die Schuhe von Raymond Chandlers Privatdetektiv Philip Marlowe! Dieser ist das Gegenteil von einem Glückpilz und versucht dennoch in verruchten Welt der Reichen und Schönen nach eigenen Grundsätzen zu leben. So gibt es nichts, was dieser nicht schon gesehen hat und sein neuster Auftrag zieht ihn noch tiefer in diesen Sumpf.
So erscheint eine reiche Erbin in Marlowes Detektei und heuert den Privatdetektiv an, ihren Liebhaber aufzuspüren. Das verrückte daran, obwohl Marlowe herausfindet, dass dieser tot aufgefunden wurde, wandelt dieser scheinbar doch noch unter den Lebenden. Doch worum geht es hier wirklich, will Clare nur ihren Toyboy zurück oder steckt etwas ganz anderes hinter der Sache? Wie mir dieser eher klassische Krimi gefallen hat, erfahrt Ihr wie immer in den nachfolgenden Zeilen meiner Filmkritik.
Der Schnüffler und die Femme Fatale
Bay City: Das Leben meinte es bisher nicht allzu gut mit Privatdetektiv Marlowe . Erst unehrenhaft aus der Polizei entlassen und das Geschäft läuft ebenfalls mehr schlecht als recht. Immer inmitten einer Welt voller Korruption und Gewalt greift der Ex-Cop gerne mal zur Flasche. Dennoch lebt er nach Grundsätzen, nach seinen Grundsätzen und lässt sich nicht von den Reichen und Schönen benutzen. Bis plötzlich Clare Cavendish (Diane Kruger), die Tochter der populären Schauspielerin Dorothy Quincannon (Jessica Lange) in seinem Büro auftaucht.
Ihr Anliegen: Ihr Liebhaber Nico Peterson (François Arnaud) ist spurlos verschwunden. Da Clare verheiratet ist, bleibt Ihr nur ein Privatdetektiv, um die Sache diskret zu behandeln. Philip ist sich gewiss, dass dies nur ein Routineauftrag sein wird. Bis er herausfindet, dass man Peterson tot aufgefunden hat. Clares Reaktion auf diese Nachricht lässt ihn ins Grübeln kommen. Verrät sie ihm doch, dass sie weiß, dass er tot sei, sie ihn aber Putz munter und lebendig in Tijuana gesehen haben will.
Hinter Petersons Verschwinden scheint mehr zu stecken, denn neben Clare interessieren sich noch weitere Parteien. Darunter ein paar Mexikaner, unbekannte Hinterleute, der Gangster Lou Hendricks (Alan Cumming) samt seinem Chauffeur und Handlanger Cedric (Adewale Akinnuoye-Agbaje), wie auch ein Botschafter. Je tiefer Marlowe gräbt, desto tiefer gerät er in einen unmoralischen Sumpf und bald weiß er selbst nicht mehr weiß, wem er noch trauen kann.
Chandler und Marlowe
Anfang der 1930er-Jahre erschuf der amerikanische Schriftsteller Raymond Chandler den Prototyp des heute bekannten Privatschnüfflers. Erste Gehversuche bekam seine Titelfigur in Kurzromanen. 1939 wurde die Figur Philip Marlowe in dem Roman „Der große Schlaf (The Big Sleep)“ richtig etabliert und wurde somit zur Inspiration etlicher weiterer Privatdetektive. Darunter etwa die Romanfigur „Mike Hammer“ von Mickey Spillane und vieler weiterer.
Auf Chandlers Romane folgten eine ganze Handvoll Verfilmungen. So wurde sein Titelheld unter anderem von den Schauspielern Humphrey Bogart, Robert Mitchum, Elliot Gould, James Garner oder auch James Caan verkörpert. Dies war jedoch erst der Anfang, denn Chandlers Figur inspirierte die komplette filmische Unterhaltungsindustrie und so folgten etliche Filme und noch viel mehr Serien mit einem idealistischen Privatschnüffler. Darunter solche Titel wie „Shaft“ mit Richard Roundtree, „Magnum P.I.“ mit Tom Selleck, „Rockford“ ebenfalls mit James Garner, „Mike Hammer“ mit Stacy Keach, um nur ein paar zu nennen.
Eine typische Kriminalgeschichte
In Regisseur Neil Jordans („The Crying Game“) Verfilmung, schlüpft der Ire Liam Neeson („The Marksman„) in die Rolle des desillusionierten Privatdetektivs. Dieser soll im Auftrag der verführerischen Clare Cavendish, ihren verschollenen Liebhaber aufspüren. Das natürlich äußerst diskret, ist die Dame doch verheiratet. So stellt sich heraus, dass dieser vor einem elitären Privatclub sein Ende fand, was die Auftraggeberin nicht groß verwundert. Das lässt Zweifel bei unserem Titelhelden aufkommen. Sorgt sie sich tatsächlich um ihren „Lover“ oder steckt etwas ganz anderes dahinter?
Hierbei basiert Jordans Film auf einer Adaption des Romans „Black Eyed Blonde“ aus dem Jahr 2014 von John Banville. Der Ire Banville der von Chandlers Erbengemeinschaft „Raymond Chandler Limited“ autorisiert wurde, die Orginalbuchreihe weiterzuführen, tut dies unter dem Pseudonym Benjamin Black. Überdies arbeitete Banville ebenfalls am Drehbuch mit.
Die Geschichte handelt, wie so oft von einer reichen Femme fatale, die sich einen abgebrannten Schnüffler angelt, um diesen für ihre Zwecke zu missbrauchen. Die Stimmung bleibt durchweg düster und bedrückend und man folgt dem Detektiv von einem korrupten Sumpf in den nächsten. Wobei die Handlung immer geradlinig verläuft. Und auch wenn die Chemie zwischen den Protagonisten Neeson und Kruger stimmt, verzichtete man glücklicherweise auf eine aufgedrückte Liebesgeschichte.
Der Thriller bietet zwar gute Dialoge wie auch den ein oder anderen coolen Oneliner Spruch. Weniger überzeugend ist der Plot bezüglich der Hintergründe. So die Spannung teils auf der Strecke und man folgt der Spurensuche, ohne genau zu wissen, wohin die Reise führen soll. Der erprobte Krimi-Fan ahnt natürlich, dass es etwas mit der Auftraggeberin zu haben müsste. Und um das ganze etwas spannender zu gestalten, lässt man noch deren Ehemann und ihre Mutter, sowie einen Botschafter mit ins Spiel einsteigen. Ob dies dem Film letztlich gutgetan hat, verrate ich im Fazit.
Fazit:
Marlowe (Blu-ray 2023): Regisseur Neil Jordan ließ im gleichnamigen Titel einen der bekanntesten Privatdetektive der Weltliteratur wieder auferstehen. Diesen verkörpert Action-Thriller Ikone Liam Neeson („Memory – Sein letzter Auftrag„), der eigentliche Star des Films. Mit an seiner Seite Diane Kruger als Auftraggeberin, sowie Jessica Lange als deren Mutter. Jordan inszenierte einen modernen und dennoch klassischen Krimi, nach John Banvilles Roman.
Die Geschichte wirkt dabei zwar klassisch, die Handlung jedoch ist arg verzwickt ausgefallen, sodass man als Zuschauer Probleme hat, dem konstruierten Plot zu folgen. Dass der Film nun leidlich spannend ausgefallen ist, liegt dabei weniger an Darstellern, sondern wohl eher an dem Thema. Der gestellte Tod, das Interesse der Klientin und deren Zusammenhänge wirken zu verschachtelt und nicht wirklich nachvollziehbar.
Das Genre selbst bedient Jordan trotz der oben erwähnten Mängel. So sind doch alle Elemente für einen Film Noir vorhanden. Die Stimmung ist schön düster, das Schauspiel gekonnt, das Setting und die Kostüme authentisch gewählt. Die Story selbst passt dabei in das Hollywood der 1930er-Jahre und man kann sich wohl nicht vorstellen, welche Geheimnisse Los Angeles noch zu verbergen hat.
Ebenso weiß das Schauspiel zwischen Kruger und Neeson zu gefallen, den hier baut sich eine interessante Spannung zwischen den Charakteren auf. So versucht Kruger ihre Reize einzusetzen, um den Schnüffler gefügig zu machen. Dieser bleibt trotz ihres Bitten standhaft, hat aber auch Mitleid aufgrund der Hintergründe. Das Ende bietet dann noch einen kleinen Clou: denn der Detektiv ist trotz Mitleid kein blauäugiger Naivling.
Auch wenn es stärkere Genrevertreter gibt, können Fans von Neeson, sowie Freunde gängiger Krimi-Unterhaltung hier zugreifen. Abstriche muss man zwar beim Spannungsfaktor machen, dafür überzeugen Neeson in seiner Eigenschaft als Privatschnüffler und Akinnuoye-Agbaje als Cedric. Gerade letzterer ist mit seinen Dialogen der Showstealer des Films.
Bilder & Trailer © EuroVideo – alle Rechte vorbehalten!
F.A.Q.s
Blu-ray Info:
Extras: Interview Feature (OmU), Trailer
Die Darsteller:
Liam Neeson als Philip Marlowe, Diane Kruger als Clare, Jessica Lange als Dorothy Quincannon, François Arnaud als Nico Peterson, Ian Hart als Joe Green, Patrick Mulldon als Richard, Colm Meany („Gangs of London“) als Bernie, Alan Cumming als Lou, Adewale Akinnuoye-Agbaje als Cedric, Mitchell Mullen als Botschafter.
Die Filmemacher:
Neil Jordan – Regie / Skript, Xavi Giménez – Kamera, John Banville / William Monahan Skript.