GATTACA – UHD – REVIEW
„Gattaca“ – Jude Law, Uma Thurman und Ethan Hawke in einem Zukunftsfilm der 90er, dessen Sicht heutzutage nicht mehr allzu utopisch, sondern sehr real wirkt.

„Gattaca“ ist Andrew Niccols dystopischer Science-Fiction Film aus dem Jahr 1997. Hierbei führte Niccols nicht nur Regie, sondern verfasste auch das Drehbuch. In diesem wirft er einen, für damalige Verhältnissse, utopischen Blick auf eine leistungsoptimierte Zukunft. Welche keine „Makel“ oder „Defizite“ eines Menschen akzeptiert. Das kuriose daran, rund 25 Jahre später ist aus diesem dystopischen Bild, leider schon Realität geworden. So wirkt das Thema aktueller denn je, doch kann Niccols Film auch inszenatorisch mit heutigen Sehgewohnheiten mithalten? Die Frage beantworte ich Euch wie immer in den nachfolgenden Zeilen. Wie schon bei den Sony UHD’s von „Gandhi“ und „Dr. Seltsam oder wie ich lernte die Bombe zu lieben„, werde ich auch hier einen etwas genaueren Blick auf die neue Bildqualität werfen.
Ein Blick in die Zukunft!
„Gattaca“ – Die Zukunft hat begonnen und die Wissenschaft machte große Fortschritte bei der DNA-Aufschlüsselung. Neuerdings sind die Ärzte in der Lage, genetische Mängel und Makel aus den Genen von Embryos zu entfernen. So können sich zukünftige Eltern, das perfekte Kind zusammen basteln lassen. Körperliche und geistige Schwächen, vererbte Krankheiten, Fehlbildungen, psychische Probleme, spät auftretende Krankheitsbilder, all dies kann die Wissenschaft eliminieren und somit einen perfekten Genpool erschaffen. So geht der Wunsch aller Eltern, dem Kinde das Beste mit auf dem Weg zu geben in Erfüllung. Auch die Industrie und Wissenschaft, bekommt so die perfekten Bewerber frei Haus geliefert. Doch was ist mit den Kindern, die nicht von diesem Wunder der DNA-Analysen profitieren konnten?

Diese werden „Invalide“ genannt, so zählt Vincent Freemann schon in den ersten Minuten seines Lebens zu diesen. Als ein Bluttest bei dem frisch geborenen Vincent, einige Defizite und ein kommendes Krankheitsbild aufzeigt. Ein schwaches Herz, wird seine Lebenserwartung senken, die Augen werden nicht perfekt und um seine Psyche soll es wohl auch nicht gut bestellt sein. Noch nicht mal richtig auf der Welt angekommen, ist Vincent für seinen Vater schon eine herbe Enttäuschung. So bekommen die Freemans einen zweiten Sohn, bei dem man von vornherein alle auftretenden Probleme beseitigt. Der perfekte Sohn, der perfekte Bewerber, der perfekte Kandidat, ein Bruder, in dessen Schatten Vincent immer stehen wird. Doch eines kann die Wissenschaft nicht vorherbestimmen, Vincents Drang seinen Traum zu erfüllen. Nach einem Zweikampf, den er nach etlichen Niederlagen gegen Anton gewinnt, „schwimmt“ sich Vincent im wahrsten Sinne des Wortes frei und verlässt seine Familie.

Trotz Vincents Enthusiasmus verrät ihn immer und überall seine DNA und seine Chancen schwinden von Bewerbungsgespräch zu Bewerbungsgespräch. So landet er letztlich bei einer Putzkolonne, anstatt als Raumfahrer in einer Rakete. Vincents Ehrgeiz ist ungebrochen, es muss einen Weg geben dieses System zu überlisten. Nach langem Suchen stolpert er über einige unsauberer Geschäftsleute, die mit Identitäten von 100%tigen Menschen handeln. Womit er Jerome kennen lernt, der seit einem Unfall im Ausland im Rollstuhl sitzt. Mit Jeromes DNS sollte es Vincent möglich sein, an die begehrte Stelle zu kommen. Doch dazu muss er etliches über sich ergehen lassen. Sein Entschluss steht felsenfest, selbst wenn man ihm die Beine auseinandersägen muss, um die fehlenden Zentimeter zu Jerome aufzuschließen. Jede Tortur, jeder Aufwand und jede Hürde überwindet Vincent. Doch eine einzige Wimper soll seinen Traum gefährden, besonders da sich ein alter „Bekannter“ aus vergangenen Tagen auf seine Fährte setzt.
Ist dies wirklich ein Blick in die Zukunft?
Um genau zu sein, nein, denn diese hat den Film in vielen Bereich schon eingeholt. Zwar nicht so perfekt wie in „Gattaca“ dargestellt, aber doch ziemlich nah dran. Zuletzt hatte ich Niccols Film, zu seiner deutschen Kinopremiere in den 90er Jahren gesehen. Umso überraschter war ich, wie viel Vision heute Realität ist. So fahren die Menschen in Andrew Niccols „Gattaca“ mit Elektro Autos, die wie heutigen an Elektrozapfsäulen geladen werden. Fingerabdruck und Iris Scans an Eingängen oder Computern sind Gang und gebe und dank heutiger DNS-Analyse kann man schon Vorerkrankungen im Embryonen Stadium erkennen. Das Verrückte daran, dies macht den Film nachträglich noch wesentlich realer und eindringlicher. Ebenso der heutige Wahn der Menschheit, alles bis zur 110%tigen Perfektion steigern zu wollen. Sei es bei Profisportlern, Mitarbeitern oder sogar Hobbyköchen. Ist es nicht so, dass Mitarbeiter selbst in ihrer Freizeit und darüber hinaus arbeiten oder Hobbyköche, gelernten Profiköchen das Wasser reichen können, nur um in einer Fernsehsendung einen Preis abzustauben. Stellen wir uns mal vor, man könnte bereits jetzt das körperlich perfekte Kind erzeugen. Wird dies jemals möglich, wird dies meines Erachtens, wohl mit einer entsprechenden Liquidität einhergehen. Vielleicht nicht bei Krankheitsaspekten, sehr wohl aber bei zugebuchten „Extras“ wie IQ, Ausdauer, etc.
Stellen wir uns nun auf Basis von „Gattaca“ einmal vor, was von dieser dystopischen Utopie real werden könnte. Wenn wir ehrlich sind, alles. Firmen stellen bereits heute in verschiedenen Sparten nur die Besten ein und dies nur anhand eines Zeugnisses, eines Zertifikats ohne einem eventuell gleichwertigen Kandidaten, anhand einer persönlichen Vorstellung eine Chance zu geben. Selbst wenn die Gesellschaft immer gerne von Chancengleichheit schwafelt, was aber wäre, wenn die Bewerber jetzt noch einen „100% Perfekt & Geprüft“ Stempel anhand der DNA auf der Stirn tragen würden? Die Antwort kann sich jeder selbst beantworten und natürlich ist Andrew Niccols „Gattaca“ immer noch eine fiktive Geschichte. Die Fortschritte und Ähnlichkeiten bleiben dennoch unbestritten. So empfand ich diesen rund 25 Jahre nach meiner Erstsichtung noch eindringlicher, was mich während der erneuten Sichtung ziemlich nachdenklich machte.

Dieser Eindruck wurde durch das unglaublich starke Schauspiel von Jude Law und Ethan Hawke unterstützt. So fühlt man als Zuschauer in jedem Augenblick mit Vincent (Ethan Hawke) mit, man möchte ihm seinen Erfolg nach all den Anstrengungen unbedingt gönnen. Aber auch für den anfangs arroganten und verbitterten Jerome (Jude Law) fühlt man etwas. Als gesunder Mensch kann man sich nur vorstellen, wie es für jemanden sein muss, der alle Chancen hatte und nun zum „gemeinen“ und „invaliden“ Volk gehört. Dennoch beherbergt Jerome noch ein wesentlich tieferes und erschütterndes Geheimnis, welches ich an dieser Stelle nicht verraten werde. Uma Thurman als Irene wird hierbei ungewollt zur Helfershelferin und indirekt dazu gezwungen ihre Denkweise in Frage zu stellen. Letztlich ist es dann so, dass Vincents Erfolg nicht an der Einsicht der „perfekten“ Gesellschaft hängt, sondern an der Menschlichkeit von nicht geahnter Seite aus. Ebenso stark wie das Schauspiel der Hauptdarsteller sind die Nebendarsteller. Darunter solche Größen wie Alan Arkin und Ernest Borgnine. Ebenso überzeugt der komplette Look des Films, das Setting, die Farbgebung, die Kameraführung, die Musik, die Dramaturgie, dass Pacing und die Erzählung selbst. Diese vermitteln perfekt, die eindringliche dystopische Stimmung des Films.
Schließen wir die Akte Vincent mit dem Fazit:
Selbst wenn sich meine Ausführungen wie eine Anklage an die moderne Zivilisation liest, so beziehen sich diese „nur“ auf einen fiktiven Film. Das „Gattaca“ dabei einen Blick auf eine Zukunft geworfen hat, die heute teils Realität ist, könnte man als Zufall bezeichnen. Dennoch wurden schon so manche Utopien in Literatur und Film in den letzten 100 Jahren immer wieder real. Ich könnte hierbei die aktuell herrschende Pandemie erwähnen, tue es aber nicht. Mit „Gattaca“ erschuf Andrew Niccol dramaturgisch wie optisch, einen dystopischen Blick in die Zukunft. Der, wie es scheint, immer realer wird. Ein Szenario, das heute mehr denn je eintreffen könnte, Chancengleichheit hin oder her. Welcher Wirtschaftsmagnat oder Wissenschaftsgruppierung wäre nicht scharf darauf, nur die besten Bewerber aus einem 1A-Genpool zu bekommen. Nicht zu den Perfekten zu gehören und aussortiert zu werden, ist ein bedrückender Gedanke, der sich durch den ganzen Film zieht. Umso spannender gestaltet sich die Geschichte um Vincent und ob er mit seinem Betrug durchkommt. Spannungsspitzen gibt es auch durch Jerome, ist man sich doch nicht sicher ob dieser diese ganze Farce nicht noch torpediert. Trotz dieses dystopischen Blicks, stimmt das Ende versöhnlich und auch traurig, warum wird natürlich nicht verraten. So kann ich „Gattaca“, selbst nach über zwei Jahrzehnten immer noch eine Empfehlung für Sichtungswillige aussprechen. Dies gilt nicht nur für Interessierte, sondern eigentlich für jeden, der mal einen unverfänglichen Blick in eine mögliche Zukunft werfen möchte.
Noch ein paar Worte zur Bildqualität der UHD:
Hier ist eindeutig eine Verbesserung zur BD-Version, die mir ein Bekannter zum Vergleich lieh zu sehen. Das Bild der UHD ist auf jeden Fall schärfer, als das der Blu-ray, bietet dennoch keinen Referenzwert. Dies liegt an der deutlich wahrnehmbaren Körnung, welche mich aber zu keiner Zeit gestört hat. Dies dürfte dem gewünschten Look geschuldet und dem verwendeten Filmmaterial geschuldet sein, weshalb man wohl auch auf den Einsatz von Rauschfiltern verzichtete. Die Farben sind nun wesentlich differenzierter und das Bild im Allgemeinen heller, wodurch vieles besser erkennbar ist. Die Kontraste sowie der Schwarzwert sind hervorragend. Wie gesagt bezüglich, bei der Schärfe reißt die neue UHD keine Bäume aus, hat sich im Vergleich zur Blu-ray dennoch sichtbar gesteigert. Wo die Blu-ray noch Pixelrei produzierte, zeigt die UHD endlich mehr Details. Für mich eine klare Steigerung, im Vergleich zur BD-Version gibt es von mir definitiv eine Upgrade Empfehlung.
Bilder & Trailer © Sony Pictures Entertainment – alle Rechte vorbehalten.