Faking Hitler (2021): Review
Faking Hitler: Moritz Bleibtreu als Jahrhundert Fälscher Konrad Kujau!

Faking Hitler (Mini-Serie 2021): Das Jahr 1983: Was für eine Sensation als der Stern die Hitler-Tagebücher der Welt präsentierte. Doch was als Clou für Deutschlands Vorzeigeblatt begann, sollte sich zu einem unheimlichen Fiasko entwickeln. So stellte sich heraus, dass es sich um Fälschungen handelte.
Hierfür verantwortlich: Konrad Kujau, der damit eine von Deutschlands größten und renommiertesten Zeitschriften an der Nase herumführte. Ebenso aber auch den ein oder anderen vermeintlichen Experten. Aufgrund des im Jahr 2019 gestarteten gleichnamigen Podcasts, nahmen sich die Filmemacher Tobi Baumann und Wolfgang Groos der Geschichte nochmals an. Und so entstand im Jahr 2021, die von RTL plus produzierte Mini-Serie Faking Hitler. Mit Bleibtreu als Konrad „Konni“ Kujau und Lars Eidinger als Star Reporter Gerd Heidemann in den Hauptrollen. Konnte mich nun die Serie auch überzeugen? Das erfahrt Ihr natürlich wie immer in den nachfolgenden Zeilen.
Faking Hitler – Hitlers Tagebücher
Konrad „Konni“ Kujau (Bleibtreu) ist schon eine recht faule Socke und selbst sein Handwerk als Kunstfälscher lässt er schleifen. Wäre da nicht Agnes (Britta Hammelstein), Lebensgefährtin und Muse, die ihn immer wieder antreibt. Doch solange er seinen treuen Kunden, den industriellen Herbert Strunz, an seiner Seite weiß, kann man sich doch recht entspannt durchs Leben schlängeln. So tritt er bei diesem unter seinem Pseudonym Dr. Fischer, Kunsthändler und Sachverständiger auf. Konnis neuster Coup, ein Bild von Hitlers Nichte, welches der Führer selbst gemalt haben soll.

Doch Strunz ist nicht überzeugt, passt dies örtlich und zeitlich so gar nicht in das Leben des Diktators. Schnell muss eine Idee her. Eine flink nachgeahmte Handschrift auf der Rückseite der Leinwand soll alle Zweifel beseitigen. Dies gelingt unerwartet und Konni freut sich diebisch. Doch je mehr er darüber nachdenkt, erwächst in ihm eine Idee. Wenn er, mit seinem Imitat der Unterschrift des Führers, selbst einen Historiker überzeugen kann. Wieso also nicht alles auf eine Karte setzten und Strunz die angeblichen Tagebücher von Adolf Hitler präsentieren.

Bisher verdiente er nur Peanuts doch mit dieser Idee sollte er so richtig abkassieren können. Sein Plan geht auf und der Sammler ist vollends begeistert von diesem Fund. Dabei ist dieser so beseelt, dass er dieses dem Nazi-affinen Stern-Reporter Heidemann zeigen muss. Der ihm wiederum versucht Hermann Görings Yacht zu verkaufen. Was für ein Knüller. Intime und geheime Einblicke in Adolfs Leben. Der Journalist ist Feuer und Flamme und muss unbedingt diesen Dr. Fischer an die Angel bekommen. Konrad fällt aus allen Wolken, als sich Heidemann bei ihm meldet.

Offen gesagt, wächst ihm die Nummer damit geradezu über den Kopf. Strunz zu täuschen, ist eines, aber eine von Deutschlands bekanntesten Blättern hinters Licht zu führen, etwas ganz anderes. Doch der Journalist lässt nicht locker und die Aussicht auf mehrere Millionen Mark, lassen den Lebemann, der ewig Geld braucht, nicht mehr lange zögern. Womit der Coup seines Lebens beginnt und er unerwartet die wohl größte Blamage einer deutschen Zeitung in der Geschichte Deutschlands, im April 1983 herbeiführen wird.
Gerd Heidemann und Konrad Kujau
Zwei Namen, die zusammen mit der Zeitung Stern in die Geschichte Deutschlands eingegangen sind. Bereits im Jahr 1992 widmete sich Regisseur Helmut Dietl mit seiner Mediensatire „Schtonk“ dieser Geschichte. Diesen besetzte Dietl mit prominenten Namen wie Götz George, Uwe Ochsenknecht, Christiane Hörbiger, Harald Juhnke, Veronica Ferres, Ulrich Mühe und vielen mehr. Dennoch verzichtete Dietl bei seiner Persiflage auf die realen Namen aller Beteiligten. Kleiner Fun-Fact: Im Podcast „Faking-Hitler“ wird davon gesprochen, dass die Produzenten des Films „Schtonk“ sogar darauf beharrten, dass dieser frei erfunden sei.
Was aufgrund der realen Vorkommnisse und den teils ähnlich klingenden Namen, wohl auf reinen Selbstschutz zurückzuführen ist. So scheint es, dass die Produzenten womöglich rechtliche Konsequenzen fürchteten. So zumindest erkläre ich mir dieses vehemente verneinen der realen Personen und Hintergründe. Soviel zur ersten inoffiziellen / offiziellen Verfilmung, nun aber zurück zur RTL+-Serie „Faking Hitler“.
Die von der UFA produzierte Serie wiederum hält sich bei der Nennung der echten Namen glücklicherweise nicht zurück. Damit präsentieren uns die beiden Regisseure Tobi Baumann und Wolfgang Groos, nach einem Drehbuch von Tommy Wosch, Annika Cizek und Dominik Moser, basierend auf dem gleichnamigen Stern Podcast, einen Sechsteiler, der es in sich hat. Dabei handelt es sich jedoch nicht um ein neudeutsch genanntes Bio-Pic, sondern eher um eine Aufbereitung im Krimi-Komödien Format. Ohne dabei jedoch in Helmut Dietls teils groteske Darstellung der Geschehnisse abzudriften.
Zurück zur Serie
So beginnt die Serie im Jahr 1983 und zeigt dabei Bleibtreu als Kleinkriminellen Konrad Kujau, auch Konni genannt. Dieser abgeschlagene Tagelöhner hat mit dem industriellen Herbert Strunz einen emsigen Sammler an der Angel. Der seine Hitler-Faszination mit allerlei vermeintlichen Relikten des Führers stillt. Und diese Gier nach Artefakten der Nazi-Vergangenheit, weiß Konni als Dr. Konrad Fischer mit einer Fälschung nach der anderen zu befriedigen.
Ein kleiner Twist, bei dem der Schwindler aufzufliegen droht, bringt in der Serie die Idee gefälschter Hitler-Tagebücher ins Rollen. Derweil zeigen die Macher, wie sich Reporter Gerd Heidemann, der beim Stern arbeitet, an der Story festbeißt. Tut dieser doch alles, wenn es darum geht eine exklusive Story zu ergattern. Hierbei kann man schon mit Fug und Recht behaupten, dass Bleibtreu und Eidinger als Kujau und Heidemann, nicht nur bestens besetzt sind, sondern auch hervorragend in ihren Rollen agieren. So springt einem Bleibtreus Kujau regelrecht ins Auge. Verkörpert er diesen doch mit diebischer Freude.

Seine Darstellung wirkt hierbei schon äußerst sympathisch. Fast wie ein Spitzbub, dem man die ein oder andere Lüge auch mal gerne verzeiht. Hier empfehle ich bei Interesse, ein echtes Interview mit Deutschlands bekanntesten Fälschers anzuschauen, ein wahres Schlitzohr vor dem Herrn. Eidinger spielt seine Figur ebenso hervorragend. Spürt man fast schon, wie versessen diese Figur auf Ruhm und Ehre aus ist. Will dieser doch mit dieser vermeintlich ultimativen Story in den weltweiten Olymp der Star-Journalisten aufsteigen. Und wie so oft kommt auch hier der Spruch zum Tragen: „Hochmut kommt vor dem Fall“.
Offen gestanden, hätte man „Faking Hitler“ auch als Film oder eventuell als Dreiteiler inszenieren können, wenn die Macher nicht noch irrealen Twist hinzugefügt hätten. So weiten die beiden Regisseure das Thema noch weiter aus und verbinden Hitlers vermeintlich niedergeschriebene Gedanken mit Opfern aus dieser Zeit. Womit man in dieser sechsteiligen Serie auch Themen wie die SS-Mitglieder , der Holocaust und die Rolle der Frau in den 80ern in einer einstigen Männerdomäne eingeht. Damit schufen die Macher die Figur der jungen Journalistin Elisabeth Stöckel.
Welche nicht nur herausfinden soll, dass der deutsche Schauspieler Horst Tappert der Waffen-SS angehörte, sondern auch der eigene Vater mit deren Verbrechen in Verbindung steht. Womit der Plot zwischen Fälscher Kujau und dem Star-Reporter den Film einleitet und Elisabeth für den Stern Beweise gegen Kriegsverbrecher finden soll. Während die Geschichte um die gefälschten Bücher eher der Belustigung dient, liefert Schauspielerin Sinje Irslinger die dramatische Komponente. So nebenbei, Horst Tappert, Hauptdarsteller der damaligen Krimi-Reihe „Derrick“, war tatsächlich ein Mitglied der damaligen Waffen-SS.
Hierbei wirkt der Plot um Fälscher Konrad Kujau und Reporter Heidemann fast wie eine Krimi-Komödie, während das Leben der Jungredakteurin Elisabeth an allen Ecken und Enden zu bröckeln beginnt. Als Frau in den 80er Jahren spielte sie eine Journalistin, die in der damaligen Männerdomäne so ziemlich untergeht und sich auch etlichen sexistischen Angriffen gegenübersieht. Man lässt die Figur zwar einen neuen Freund finden, doch der vermeintlich tolle Rechercheauftrag, lässt ihre Welt Kopf stehen.
Auch die widerlichen Anspielungen, welche überwiegend von ihrem Macho-Kollegen Theo ausgehen, machen ihr Leben nicht leichter. Hier brilliert Tristan Seith als Macho-Proll übelster Sorte und zieht wohl jegliche Antipathie auf seine Figur. Derweil fördern auch ihre Recherchen einige unangenehme Informationen zutage, die Zweifel an ihrem geliebten Vater aufkommen lassen. Bewahrt der seriöse Jura-Professor, der Karriere gemacht hat, gespielt von Ulrich Tukur, doch ein grausames Geheimnis.
Ebenso lassen es die Filmemacher in der Serie prickeln. So hat nicht nur der Meisterfälscher gleich zwei Gespielinnen. Auch Elisabeth steht im Verlauf der Geschichte zwischen zwei Männern. Der eine, Thomas Melchior (Lukas T. Sperber), will ihr Freund sein. Der andere, Leo Gold (Daniel Donskoy) will Infos über die Tagebücher. Hier gehen die Serien-Schöpfer auf die Opfer des Holocausts ein und wie diese sich gefühlt haben müssten. Besonders wenn man sich vorstellt, dass diese Bücher tatsächlich echt gewesen wären. Allein auf die Gefahr hin, dass die Welt nicht das Monster in diesem Diktator sieht.
Diese privaten Einblicke hätten womöglich die Schrecken des Krieges relativiert. Womit sich nun Reporterin und Nazi-Jäger näher kommen um eine Veröffentlichung zu verhindern. Grob gesagt deckt man in der Serie „Faking Hitler“ mit dem Plot um Elisabeth, stark gespielt von Sinje Irslinger, jeglichen modernen Serien Twists ab. Obgleich es sich hier um einen Handlungsstrang mit fiktiven Elementen anstatt einer realen Geschichte handelt. Dennoch dient dieser dem besseren Verständnis, wie auch der Dramaturgie.
Fazit
Baumann und Groos zeigen in ihrer Mini-Serie „Faking Hitler“ die Geschichte von Konrad Kujau. Ein Kleinkrimineller und Kunstfälscher, der eine von Deutschlands renommiertesten Zeitungen hinters Licht führte. Wohl einer der größten Clous der deutschen Kriminalgeschichte. Hierbei besetzten die Macher ihre Rollen perfekt mit Lars Eidinger und Moritz Bleibtreu. Ebenso Sinje Irslinger, welche im investigativen Ressort landet und dadurch die Geschichte um die Hauptfiguren herum trägt. Obgleich sie „nur“ eine fiktive Figur darstellt.
Sie gibt einen Einblick hierzu, wie schwer es eine Frau in einer einst von Männern beherrschten Berufswelt hatte. Trotz der derben Sprüche relativierten die Macher den Widerling Theo Kalg letzten Endes. Scheinbar wollten sie die Figur doch nicht als unterirdischen Macho dastehen lassen. Womit es zu einem versöhnlichen Ende der beiden Kollegen Stöckel und Kalg kommt. Etwas, das allgemein auf das Ende der Serie zutrifft. Schlug man doch in fast jeglicher Richtung einen versöhnlichen Ton an. Selbst die Einwanderung in den Knast, der Beteiligten, wirkt fast wie ein Ausflug anstatt einer Strafe.
Hier möchte ich jedoch nicht zu arg mit der Mini-Serie ins Gericht gehen. Da es sich nicht um eine Doku oder gar ein reales Bio-Pic handelt. Sondern um einen unterhaltsamen aber auch nachdenklichen Rückblick, auf einen der größten Betrugsfälle in der Geschichte Deutschlands. Dabei sorgt das Spiel Heidemanns und Kujaus, für absurd lustige Momente. Allein der Zeitpunkt als Kujau sein Betrug über den Kopf zu wachsen gerät und doch das Geld lockt, ist zu herrlich. Um die Mini-Serie nicht in eine Klamotte abdriften zu lassen, erschuf man den nicht realen Plot um den Juraprofessor, die Opfer der SS-Zeit, die beginnende Dreiecksbeziehung von Elisabeth, wie auch die Stellung der jungen Journalistin in einer Männerwelt. Auch optisch weiß diese Mini-Serie zu überzeugen. Hier machte das Set-Designer-Team einen hervorragenden Job. So fühlte ich mich regelrecht in die 80er-Jahre zurückversetzt. Was auch an der Untermalung der damaligen Pop-Musik liegt. Aber auch die Musik von Helmut Zerlett und Robert Matt selbst, klingt großartig und nimmt den Zuschauer regelrecht mit.
Zusammengefasst muss ich sagen: Eine wirklich starke Serie. Zwar mit ein paar wenigen Defiziten im Storytelling und in der Figurenentwicklung und dennoch sehr unterhaltsam. Gerade die Figur Thomas Melchior hätte es nicht gebraucht. Auch Agnes Entrüstung über ihren Konni, empfand ich als recht oberflächlich. Hier schien es so, als würden die Figuren nicht allzu lange mit ihrer Enttäuschung hadern. Auch die extreme Kehrtwende wie eintretende Einsicht der von Ulrich Tukur gespielten Figur, empfand ich trotz der Vater / Tochter Beziehung als nicht ganz nachvollziehbar. Natürlich wirkt die Handlung im ersten Moment ehrenhaft. Dennoch weiß ich nicht, ob man trotz der zu erwartenden lebenslangen Haft, dies aus Liebe zu seiner Tochter tun würde. Für mich eher ein melodramatischer Filmkniff.
Gut empfand ich wiederum, das man das Thema Sexismus erwähnte. So ist es nie falsch auch mal einen Blick auf vergangene Problematik zu werfen. Welche in der Berufswelt immer noch nicht zur Gänze ausgerottet sind. Dennoch schwangen die Macher hierbei ab und zu die Keule recht heftig. Als wollte man mit allem Nachdruck das Thema in den Mittelpunkt rücken, damit es auch ein Jeder versteht. Eventuell um zu unterstreichen: Wir haben auch auf diese Unart in unserer Serie hingewiesen. Trotz der genannten Einwände, bleibt „Faking Hitler“ eine überaus unterhaltsame Serie mit einer großartigen Besetzung.
Eigene Gedanken zu Faking Hitler
Eigentlich ist die Geschichte, um einen der größten Presseskandale so surreal, dass man glauben könnte, dieser sei der Feder eines äußerst fantasievollen Autors entsprungen. Warum? Liest oder hört man sich per Podcast die Inhalte der gefälschten Tagebücher an, so müssen doch zwangsläufig Zweifel an der Echtheit der Tagebücher aufgekommen sein. Klingen diese teils so surreal, wenn nicht sogar dämlich. Hier hätte man ernsthaft hinterfragen müssen, in welchem geistigen Zustand der Führer gewesen sein muss, als er diese verfasste.

Doch entgegen allen Unkenrufen waren sich, so einige Experten, darüber einig, dass die Tagebücher echt sein müssen. Diese vermeintliche Weltsensation war für viele Verantwortliche wohl so groß, dass der Wunsch der Echtheit, den Zweifel augenscheinlich niedergerungen hat. Eine Geschichte, bzw. in diesem Fall eine Mini-Serie, die in meinen Augen, Teil des Schulunterrichts sein sollte. Könnte dies doch dazu dienen, nicht jede Fake-News für bare Münze zu nehmen. Selbst wenn große Pressehäuser und Top-Journalisten eine Meldung publizieren.
Empfehlungen:
Wem „Faking Hitler“ gefallen hat, dem könnte eventuell auch „Es ist zu Deinem Besten“ oder „Beckenrand Sheriff“ gefallen. Noch abgedrehter geht es bei den Eberhofer Krimis wie „Kaiserschmarrndrama“ oder „Ach Du Scheiße“ zu. Wer jedoch einen Mix aus Komödie und Ernsthaftigkeit bevorzugt, der dürfte mit „Contra“ glücklich werden.
Bilder © LEONINE STUDIOS – alle Rechte vorbehalten.