Ein R.A.F Drama um die Schwester von Christiane Ensslin!
Regisseurin Margarethe von Trotta nahm sich Anfang der 1980er, der biografischen Geschichte der Schwestern Ensslin an. Mit ihrer Verfilmung wirft sie einen Blick auf das ungleiche Schwesternpaar Christiane und Gudrun. Kurzinfo für alle die mit diesen Namen nichts anzufangen wissen: Christiane ist die Schwester der Mitbegründerin der terroristischen Gruppierung: RAF – Rote Armee Fraktion, Gudrun Ensslin.
Margarethe Von Trotta beleuchtet in diesem Drama, eine fiktive und subjektive Version der Beziehung dieser Schwestern. Erwähnt werden muss noch das in „Die bleierne Zeit“, die Hauptdarstellerinnen nicht die echten Namen tragen, sondern Juliane und Marianne heißen. Ob der Film auch heute noch als gelungen angesehen werden kann, werden die nächsten Zeilen zeigen.
Ein Blick zurück in die Geschichte der 70er
Juliane und Marianne, Töchter eines evangelischen Pfarrers, wachsen inmitten der Nachkriegsjahre auf. Beide erfahren eine strenge und gläubige Erziehung. Unterschiedlicher könnten die Geschwister nicht sein. Juliane ist immer versucht, den Frieden zu wahren, doch ihre Schwester Marianne stellt sich als wahre Rebellin heraus. Sehr zum Missfallen des Vaters.
Während der gemeinsamen Studienzeit setzen sie sich beide für gesellschaftliche Veränderungen ein. Juliane wählt wie gehabt den friedlichen Weg. Querdenkerin Marianne dagegen radikalisiert sich mehr und mehr. Darunter leiden auch Mariannes Kind und dessen Vater, der letztlich in den Freitod flüchtet. Marianne lässt alles hinter sich, sogar ihren Sohn und verschwindet im terroristischen Untergrund.
So kommt es, wie es kommen muss, Marianne wird von der Polizei gefasst und in Isolationshaft gesteckt. Nachdem Juliane endlich Besuchsrecht bekommt, nähern sich die Schwestern langsam wieder an. Doch dieses neu gefundene Verhältnis soll nicht von langer Dauer sein und so erreicht Juliane im Urlaub die Nachricht, dass Marianne Selbstmord begangen hat.
Nun beginnt für Juliane der pure Wahn, will sie doch nicht glauben, dass ihre Schwester Selbstmord beging. Nach Freigabe der persönlichen Gegenstände, sowie den Akten und Protokollen durchlebt Juliane Marianne eomem wahren Wahn auf der Suche nach der Wahrheit. Doch wie jeder weiß, kann solch eine Suche das eigene Leben umstürzen und die Erkenntnis muss nicht nur erleichtern, sondern kann auch schmerzen.
Die bleierne Zeit, auch ein bleierner Film?
Wie erwähnt basiert Margarethe von Trottas Film auf den Biografien der Schwestern Christiane und Gudrun Ensslin. Wie auch in der Realität schlug die Filmfigur Juliane, den journalistischen Werdegang von Christiane ein. Während sich die Figur der Marianne, ebenfalls wie Gudrun einer terroristischen Gruppierung anschloss.
Dabei orientiert sich die Regisseurin nicht wie der Film „Der Baader Meinhoff Komplex“ an den terroristischen Taten, sondern an der Beziehung der Schwestern zueinander. Der kriminelle Aspekt steht zwar im Raum, wird aber nicht groß thematisiert. Von Trotta zeigt, wie Juliane immer wieder versucht, Marianne zu bekehren, während sich diese immer tiefer in die Misere reitet.
Mit Rückblenden erhält der Zuschauer Informationen aus deren frühen Kindheit. Den Eltern, hier speziell über den erzkonservativen Vater, zugleich evangelischer Pfarrer. Und auch der Zeitpunkt als sich die Schwestern auseinanderlebten. Der Wendepunkt stellt Mariannes Inhaftierung dar. Während der Haft kommen sich die Schwestern wieder näher.
Der darauffolgende Selbstmord von Marianne, stürzt Juliane in ein tiefes psychisches Loch, sie glaubt nicht an Suizid. Ihre wahnhafte Wahrheitssuche zerstört ihre eigene Beziehung. Erst ein fürchterlicher Brandunfall ihres Neffen, bringt Juliane zur Besinnung.
Was sich hier dramatisch und deprimierend liest, spiegelt genau meinen Eindruck von diesem Werk wieder. Lange hatte ich kein Sichtungserlebnis, was mich so tief hinuntergezogen hat. Margarethe von Trotta zeichnet ein bitterkaltes Bild, einer unglücklichen Kindheit, eines Lebens bestehend aus Gewalt und falscher Ideale sowie einem aussichtslosen Kampf.
Einzig die Tante und ihren Neffen am Ende des Films wieder vereint zu sehen, ist ein klitzekleiner Lichtblick. Auch die Schauspieler tragen zu dieser tief depressiven Stimmung bei. Die Gesichter sind dauerbedrückt, Freude scheint ein Fremdwort, die Dialoge sind schwerfällig und nicht wirklich lebensbejahend. Alles in allem fällt es mit zunehmender Laufzeit immer schwerer diesem Film zu folgen.
Legen wir die bleierne Stimmung ab und kommen zum Fazit
Selten stimmte ein Film Titel mit seinem verbleibenden Eindruck so überein wie bei diesem hier. Hier ist „Die bleierne Zeit“ Programm. Der historische Hintergrund, der diesem fiktiven Werk zugrunde liegt, drückt die Stimmung dabei nochmals. Das Schauspiel entspricht dem wohl gewünschten Stil der Regisseurin, hier herrscht pure Tristesse.
Was diese fast zu hundert Prozent getroffen Trostlosigkeit stört, waren teils merkwürdige Dialoge sowie nicht nachvollziehbaren Handlungen. Hier sei der nächtliche Besuch Mariannes mit ihren Terror Kumpanen, in Julianes Wohnung erwähnt. Eigentlich weiß ich gar nicht wie oder wem ich diesen Film empfehlen kann / soll. Während beispielsweise „Der Spion“ ebenfalls einen heftigen Verlauf aufweist, wurde dieser dennoch mehr auf unterhaltsamer Ebene angelegt. Obwohl dieser auch vergangenen Gegebenheiten basiert.
So basiert „Die bleierne Zeit“ im Grunde auf einem historischen Hintergrund und folgt dennoch einer fiktiven und sehr bitteren Weitererzählung. Hierbei ist es interessant zu sehen wie sich die fiktive Geschichte der beiden Schwestern hätte zutragen können. Dennoch möchte ich erwähnen, dass man nach diesem Werk nicht mehr fröhlich vorm TV sitzen wird.
Die Stimmung wird erstmal so richtig im Keller sein. Um einen Vergleich zu schaffen, möchte ich hier „Christiane F. – Wir Kinder vom Bahnhof Zoo“ anführen, der vielen wohl aus ihrer Schulzeit bekannt sein dürfte. Dieser schlägt in dieselbe Kerbe, womit ich empfehlen würde „Die bleierne Zeit“ nicht während einem Stimmungstief oder einer depressiven Phase anzuschauen.
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