Das Milliarden Dollar Gehirn (1965): Review

Das Milliarden Dollar Gehirn: Michael Caine der Anti-Bond!

Das Milliarden Dollar Gehirn: Der Erfolg des ersten Bondfilms „James Bond jagt Dr. No“ 1962, sowie seiner Nachfolger lockte etliche Trittbrettfahrer an. Diese bescherten uns Zuschauern eine Bond-Kopie nach der anderen. Interessant waren dabei weniger die 1:1 Kopien, sondern mehr die Filme, bei denen man es schaffte, diesen einen andersartigen Touch zu verpassen.
Eine dieser alternativ Bond-Reihen waren besagte Harry Palmer Filme mit Michael Caine. Das kuriose daran, Harry Saltzman selbst, die andere Hälfte des James Bond Produzenten Duos Broccoli / Saltzman produzierte diese. Wie mir Michael Caine als Anti-Bond gefallen hat, erfahrt Ihr wie immer in den nachfolgenden Zeilen.
Mit welchem Evil Brain bekommt es Harry nun zu tun?
Harry Palmer, zwischenzeitlich aus dem Geheimdienst ihrer Majestät ausgeschieden, verdient sich als Privatschnüffler seinen Lebensunterhalt. Hauptsächlich das Delikt des Ehebruchs füllt seine meist leeren Taschen. Natürlich hätte er auch weiter beim Secret Service bleiben können, aber immer nach der Pfeife seines Ex Boss Colonel Ross zu tanzen, wurde ihm auf die Dauer doch zu viel. Umso überraschter ist Harry, als Colonel Ross in seinem „1-Zimmer-Büro-Bude-Schlafgemach“ auftaucht und ihn bittet zurückzukommen. Doch das wird nichts, Harry genießt seine zwar bescheidene aber dennoch neu gewonnene Freiheit.
So klingelt gleich nach Colonel Ross Rauswurf, Harrys Telefon und eine fremdartige Stimme bietet ihm einen 200 Pfund Sterling für einen Auftrag an. Diesen nimmt Harry mangels liquider Mittel gleich an, wobei auch Neugier nach der merkwürdigen Stimme in ihm aufkeimt. Diese unmenschlich klingende Stimme, dirigiert ihn geradewegs zum Flughafen, wo er eine versiegelte Thermoskanne einem Schließfach entnehmen und nach Helsinki bringen soll. Doch Harry, wäre nicht Harry, wenn er nicht versuchen würde, sich abzusichern.
So wirft er dank eines Röntgengeräts mal schnell einen Blick in diese ominöse Thermoskanne. Eier? Wer zum Teufel zahlt 200 britische Pfund für einen Eier-Transport? Harry Palmers Spürsinn ist geweckt. Es gelingt ihm den Hintermann herauszulocken, der zu seiner Überraschung, ein alter Kumpel aus vergangenen Tagen ist. Doch das Freundschaft nicht unbedingt schwerer wiegt als Geld, wird Harry bald am eigenen Leib erfahren. Und als hätte Harry damit nicht schon genug Probleme, gerät der Weltfrieden in Gefahr und das auch noch aus Texas…
Klingt nach bekannter Bond Story, oder?
Der große Unterschied sind nicht die Harry Palmer Stories, es ist Harry Palmer selbst. Harry Saltzman wollte bewusst einen Charakter schaffen, der all das verkörpert, was James Bond eben nicht ist. Das Ziel ist zwar das gleiche, doch der Charakter und die Vorgehensweise eine ganz andere. Bond selbst ist bis auf die Neuauflage mit Daniel Craig („James Bond: Keine Zeit zu sterben„), eher der geschniegelte, weltgewandte Charmeur und Elite Soldat.
Der die Frauen liebt und den Bösen in den Hintern tritt. Sprich, der allseits blitzblanke Held ohne fehl und Tadel. Harry Palmer dagegen konnte seine unehrenhafte Entlassung aus der Armee und einer Einbuchtung, nur mit Hilfe einer Verpflichtung gegenüber Colonel Ross entgehen. Zu viele kleine schmutzige Geschäfte ließen ihn zwischen einem leibeigenen Dienst beim Secret Service oder dem Knast entscheiden.
Das Bildnis des Harry Palmer ist natürlich auch das Gegenteil von 007 – James Bond. Seine Arbeitsmoral lässt stets zu wünschen übrig, sein Lebensstil mit Vorliebe für Cornflakes ist alles andere als gesund und seine Hornbrille, sowie sein restlicher Look, welcher eher an einen Bürohengst erinnert. Um genau zu sein ist Harry alles andere als ein Top Spion mit fast übermenschlichen Fähigkeiten. Dafür hat Harry Palmer einen messerscharfen Verstand und ist ein ausgekochtes Schlitzohr. Welches dennoch weiß, wann die Zeit für das richtige Handeln gekommen ist.
Funktioniert der Plot?
Wer alle drei Harry Palmer Filme kennt, wird wohl zugeben, dass das „Milliarden Dollar Gehirn“ vom Plot her etwas schwächelt. Das bedeutet nicht, dass dieser jetzt schlecht sei, ganz im Gegenteil. Er hat seine Momente, die teils sogar an die großen Bondfilme erinnern. Hier sei nur das Elektronen Gehirn, der Antagonist oder auch der russische KGB Befehlshaber genannt.
Trotzdem kommt die Story nur schwer in Gang. Zu lange wird man im Unklaren gelassen, wohin die Reise gehen soll. Neueinsteiger sollten definitiv mit „IPCRESS – Streng geheim“ beginnen. Die Figuren und der Stil sollten doch schon bereits bekannt sein, um dem Filmvergnügen ungetrübt zu frönen zu können.
Ich betone den Punkt des Einstiegs deswegen so vehement, da Saltzmans Harry Palmer Filme einzig von der Performance von Michael Caine leben.So ist es eigentlich unabdingbar mit dem ersten Film zu starten, um dessen Marotten und Eigenarten kennen zu lernen. Hat man den Draht zu Caines Figur Palmer gefunden, macht jeder Film dann auf seine eigene Art Spaß. Der Plot bedient sich in allen drei Filmen an den üblichen Geheimagenten Genre.
Wobei der Zuschauer schon dran bleiben muss, sind die Filme trotz ihres Alters doch nicht so einfach vorherzusehen. Auch vom Ablauf lässt sich das „Milliarden Dollar Gehirn“ mehr Zeit als seine Vorgänger. Daher braucht es auch etwas bis dieser in die Gänge kommt.
Die Action Einlagen, sprich die zwei Mann Kämpfe, Schießereien, etc. halten sich bei allen genannten Palmer Abenteuern, im Vergleich zu Bond in Grenzen. Bei diesen Filmen steht eindeutig die Figur und der Plot im Mittelpunkt und nicht die Action. Harry Palmers wankelmütiger Kumpel Leo, gespielt von Karl Malden („Die Straßen von San Francisco“) stellt zudem einen nicht kalkulierbaren gefährlichen Faktor dar. Welcher für Harry sogar noch gefährlicher wird, als der Oberbösewicht selbst.
Fazit:
Das Milliarden Dollar Gehirn: Der Versuch Harry Saltzmans einen Antibond Charakter zu kreieren hat mir in den ersten Filmen schon überaus gut gefallen. Saltzmans Harry Palmer tut wirklich alles, um das genaue Gegenteil von Bond zu sein. Dabei macht ihn sein kleiner krimineller Hintergrund, seine etwas lockere Art der „Arbeitsbewältigung“.
Sowie sein Style und Look, nahbar und nicht nicht so übermenschlich wie sein Agenten Pendant. Denn niemand außer 007 selbst, wirft sich so freiwillig dem Bösewicht zum Fraß vor. So steht Harrys Wunsch am Leben bleiben zu wollen, meist vor der nicht hinterfragten Pflichterfüllung . Bei der Story selbst geht es wie gehabt um Aufdeckung eines mysteriösen Masterminds.
Die Vorgehensweise des Geheimdienstlers macht dabei den großen Unterschied. Es ist unheimlich unterhaltsam Harry Palmer zu folgen, der immer zwischen „ich gehe das Risiko ein und stelle mich der Gefahr“ und „oh, lieber doch nicht, ich hänge an meinem Leben“ hin und her schwingt. Den Machern ist dazu das Setting, der Look, die Kameraaufnahmen, die Locations und wie die Musik hervorragend gelungen.
Wobei diese Punkte ihre Ähnlichkeit mit den Bond Filmen nicht leugnen können. Ehrlich gesagt müssen sie dies auch nicht, kopierten andere Studios diesen Loch wesentlich offensichtlicher. Hier muss man aber auch ganz klar sagen, dass diese meist nicht an den Charme von Michael Caines Harry Palmer heranreichten.
Wer Agentenfilme mag und ein Faible für diese alten Agentengeschichten hat, kommt nicht an den Harry Palmer Filmen, wie „Das Milliarden Dollar Gehirn“ herum. Diesen empfehle ich sofern erhältlich noch die anderen Titel: „Finale in Berlin“ und „IPCRESS Streng Geheim“. Hierzu sei angemerkt, dass Plaion Pictures gerade letzteren ein hervorragendes Mediabook spendiert hat, welches einen unheimlichen Mehrwert bietet.
Wie viele Harry Palmer Filme gibt es?
Die Reihe um Harry Palmer umfasst drei Teile: 1965 „IPCRESS – Streng geheim“, 1966 „Finale in Berlin“ und 1967 „Das Milliarden Dollar Gehirn“ um den es in diesem Review gehen wird. Mitte der 90er wurden ebenfalls mit Michael Caine nochmals zwei Filme produziert: „Der rote Tod“ und „Herren der Apocalypse“.
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