Die Geburtsstunde der Cruella De Vil!
Cruella“ (2021): Gerade den älteren Generationen ist dieses garstige Weibsbild Cruella de Vil, als pelzverrückte, tiermordende Irre, noch in bester Erinnerung. Auch ihr Nachname zeugt von einem teuflisch, diabolischen Hintergrund, wenn man diesen zusammenschreibt: „de Vil“ oder kurz „Devil“ zu Deutsch Teufel. So reiht sich „Cruella“, in die Liga bösartiger weiblicher Disney Schurken perfekt ein.
Ihr Wahn den Dalmatinern das Fell über die Ohren zu ziehen, dürfte dabei den erschreckendsten Eindruck bei den Zuschauern, seit jeher hinterlassen haben. Doch wie jeder Schurke hat auch Cruella de Vil eine Entstehungsgeschichte. Dieses Geheimnis lüftet nun Disney mit dem gleichnamigen Film. Wie immer gilt, wenn Ihr wissen wollt, ob der Streifen taugt, erfahrt ihr das in den nachfolgenden Zeilen.
Wer ist Estella / Cruella?
Schon seit ihrer Geburt war die kleine Estella nicht wie die anderen Mädchen und das lag nicht allein an ihrem zweifarbigen Haar, welches sie unter einer Perücke versteckt. Und immer wenn Estella etwas Schräges oder Böses tat, nannte sie sich Cruella. So hatte es ihre Mutter mit dem kleinen Heißsporn nicht gerade leicht. Als es finanziell eng wird, beschließt ihre Mutter eine alte Bekannte, die Baroness, während deren Party aufzusuchen.
Durch einen Unfall wird Estella zur Waise und schlägt sich seitdem auf den Straßen Londons durch. Hier trifft sie auf die Straßen Jungs Jasper und Horace, woraufhin die drei zu einem unzertrennlichen Trio werden. Um sich über Wasser zu halten, verdienen sie sich ihren Unterhalt mit kleinen Gaunereien. Die sie über die Jahre zur Perfektion ausarbeiten. Dennoch hegt Estella seit jeder den Wunsch, in die Welt der Modedesigner eintauchen zu können.
Zu ihrem Geburtstag erfüllt ihr Jasper diesen, dabei etwas anders als gedacht. Durch seine speziellen Fähigkeiten verschaffte er ihr einen Job in dem Londoner Modehaus Liberty. Nun ja, für die Design Abteilung reicht es noch nicht, aber der Einstieg als Putzfrau ist ja auch schon mal was. Man kann sich ja hocharbeiten, wenn dies der Geschäftsführer nicht so ignorant verhindern würde.
Als der Frust wieder groß ist, schnappt sich Estella kurzerhand den Whiskey des Geschäftsführers und beginnt in ihrem Suff, eines der Schaufenster umzugestalten. Als sie mit einem dicken Kopf, in diesem aufwacht, dürfte der Rauswurf nicht weit sein. Doch dieser muss warten, da die Modekönigin, die Baroness am Anrücken ist. Dieser gefällt Estellas Stil, womit sie ein Stellenangebot von ihrer neuen, äußerst unterkühlten Chefin erhält.
Seit ihrer Kindheit, sprich seit sie zur Waise wurde, war die Party der Baroness das beeindruckendste, was Estella jemals sah. Dieses Erlebnis war schon immer ihr Antrieb, das zu erreichen was die Baroness erreicht hat. So stellt sich Estella nicht dumm an und steigt in der Gunst der Mode-Ikone. Eines Tages erblickt Estella an ihrer Chefin ein Medaillon.
Dieses, welches sie damals verlor, als sich der tödliche Unfall ihrer Mutter ereignete. Die Baroness muss es gefunden haben und Estella will es egal wie zurück. So tüfteln Jasper, Horace und Estella einen Plan aus. Doch während der Ausführung dieses findet Estella ein weiteres unglaubliches Geheimnis heraus. Damit rauscht das Ansehen der Baroness, bei ihr in den Keller. Jetzt ist es Zeit, Cruella frei zu lassen, um die Baroness zur Rechenschaft zu ziehen.
Plumpe Entstehungsgeschichte oder doch mehr?
Die letzten Jahrzehnte entstand ein Trend, die Entstehungs- oder Coming of Age Geschichten bekannter Filmfiguren als Prequel Filme zu erzählen. Die bekanntesten dürften wohl die „Star Wars“ Episoden eins bis drei sein. Die ich und ich muss es zugeben, sehr unterdurchschnittlich fand. Auch der Trend, altbekannte Zeichentrickfilme in Live-Action Movies zu verwandeln, finde ich nicht gerade prickelnd.
Somit war ich skeptisch, ob Disneys „Cruella“ überhaupt etwas werden kann. Um genau zu sein, habe ich den Film bis zu seiner Blu-ray Veröffentlichung sogar ignoriert. Dank Disney wurde mir dennoch vorab dieser Titel für ein Review zur Verfügung gestellt. Und um es dem Fazit vorwegzunehmen, selten hat mich die Entstehungsgeschichte einer fiktiven und obendrein einst animierten Filmfigur, so begeistert wie „Cruella“.
Nun aber erstmal alles der Reihe nach
Erstmal muss ich den Autoren meinen Lob aussprechen, da sie eine wirklich runde Geschichte um Cruella de Vil erschaffen haben. Gut, von der Figur selbst kannte man in dem Zeichentrickfilm aus dem Jahr 1961 nicht viel. Somit hatten die Autoren recht viel freie Hand, eine Geschichte, um diese Person zu spinnen. Zu Beginn erhält der Zuschauer eine kleine Einführung, die einen dramatischen Wendepunkt für die kleine Estella bereithält. Mit dem weiteren Verlauf bekommt der Zuschauer auch einen Einblick, über den Werdegang.
Sowie das Estalle / Cruella schon immer recht abgebrüht und teils kriminell agieren musste, um durch das Leben zu kommen. Das jedoch nicht allein, da die späteren Handlanger der älteren Cruella aus dem Zeichentrickfilm, ebenfalls schon seit Kindertagen mit dabei sind. Der Plot, wartet dann auch mit zwei sehr gut eingearbeiteten Twists auf, die Estella in den Hintergrund und Cruella zu Tage fördern.
Unterstützt wird die Story durch das ungemein tolle Schauspiel aller Beteiligten. Hier möchte ich das wunderbare Schauspiel, zwischen Emma Thompson als Baroness und Emma Stone als Estella / Cruella hervorheben. Dazu muss man sagen, dass Emma Stone, Thompsons Schauspiel in keiner Filmsekunde nachsteht. Selten sah ich ein so gleichwertiges und ausgewogenes Schauspiel, zwischen zwei unterschiedlichen Darstellerinnen.
Ich behaupte mal frech, eine bessere Besetzung hätte es für diesen Film nicht geben können. Dies trifft auch auf die Darsteller der Figuren Jasper (Joel Fry), Horace (Paul Walter Hauser), sowie der Nebenfiguren des Butlers John (Mark Strong), Artie (John McCrea), Jeffrey (Andrew Leung) zu. Sowie all die weiteren Schauspieler, die den Film abrunden.
Hinzu kommt der Look dieser Verfilmung, angefangen von den Locations und der dargestellten Zeit, sprich der 70er Jahre. Hier haben das Art-Department und die Set- Designer einen unglaublich perfekten Job abgeliefert. Bei jeder Kameraeinstellung hat man das Gefühl, mitten in diesem Jahrzehnt zu sein. Dies wird auch durch die Kostüme unterstrichen und vor allen Dingen mit einem extrem passenden Soundtrackn.
Um genau zu sein, ist der Soundtrack der geheime Showstealer. Selten fand ich die ausgesuchten Tracks (Lieder) so passend, zur Stimmung, den Aktionen, den Sets und der Optik ausgesucht wie bei „Cruella“. Hier findet sich alles von E.L.O. über Ike & Tina Turner bis hin zu The Clash. Der Soundtrack Sampler ist für meinen Musikgeschmack so toll zusammengestellt worden, dass ich gestehen muss, mir diesen gleich nach Sichtung des Films gekauft zu haben.
Bei all meinen Lobeshymnen muss ich dennoch auch auf ein paar kleinere Defizite hinweisen. So stark ich den Film auch finde, aber die CGI erweiterten Tierszenen, die die Hunde teils ganz animiert haben, fand ich jetzt nicht so dolle. Gefallen hat mir, da man echte Tiere einsetzte, weniger gut fand ich, dass man diese teils in ihren Bewegungen durch CGI Pendants ersetzte. Dadurch wirkten manche Aufnahmen nicht mehr real und haben mich aus dem Filmfluss gerissen. Dazu gibt es zwei kleine Längen sowie das Klischee der Erkenntnis mit drauf folgender Vergebungsszene. Wie gehabt, wird diese wohl niemanden mehr überraschen.
Fazit:
Ich muss zugeben, trotz jahrzehntelanger Filmerfahrung, habe ich „Cruella“ eindeutig unterschätzt. Die Macher haben entgegen meiner Erwartung, eine wirklich runde Entstehungsgeschichte über eine fiktive Figur zusammengebastelt. Die zu jeder Minute zu unterhalten und zu überzeugen weiß. Dies liegt, angefangen von der Story, über die Ausstattung, das Schauspiel bis hin an dem exzellenten Soundtrack. Emma Stone und Emma Thompson schenken sich hier darstellerisch nichts und treiben die Geschichte, bis zu dem Finale voran.
Das einzige, was mich dann doch etwas gestört hat, war die auffällige Tier-Animation. Nicht dass ich diese Technik völlig verdammen würde, aber wenn sich Tier oder Mensch, wie ein Computerspielfigürchen bewegen, dann mag ich das einfach nicht. Dennoch gibt es noch ein weiteres bisher nicht angesprochenes Problem. „Cruella de Vil“ war seit meiner Kindheit eine verhasste Gegenspielerin aus dem Disney Universum. Nun zeigt mir Disney eine „Cruella de Vil“ die ich auch noch richtigt cool finde. Ein merkwürdiges Dilemma. Bedeutet das nun, dass ich meine vorige Einstellung komplett oder teilweise ändern muss?
Oder plant Disney einen weiteren Film, der zeigt wie „Cruella de Vil“ zu diesem tiermordenden Biest wird? Bis zu diesem Zeitpunkt bleibt der jetzige Film jedenfalls mein unerwartetes Highlight des Jahres 2021. Somit kann man sich schon denken, dass ich „Cruella“ eine Sichtungsempfehlung aussprechen werde. Ein Film, der absolut Spaß macht und für Jung wie Alt gleichermaßen geeignet ist.
Weitere Disney Reviews: „Raya und der letzte Drache„, „Luca“ oder auch „Falcon and the Winter Soldier„
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