CHAOS WALKING – REVIEW
„Chaos Walking“ – wenn eine fremde Welt, deine tiefsten Gedanken bildlich zu Tage fördert und Du keine Chance hast, diese zu verbergen!

„Chaos Walking“ basierend auf dem Roman „The Knife of Never Letting Go“ von Patrick Ness, wagte sich Regisseur Doug Liman an dessen Verfilmung. Wer die deutsche Roman-Veröffentlichung sucht, findet diese unter dem Titel: „New World: Die Flucht“. Fern in der Zukunft, begannen Menschen andere Planeten zu kolonisieren und auf einem von diesen, mussten die Siedler mit ihrem „Lärm und dem Tod aller Frauen zurechtkommen. Der „Lärm“ das sind die Gedanken der Männer, die für jeden sicht- und hörbar geworden sind. Nachdem ein neues Kolonialschiff eintrifft, landet zum ersten Mal seit Jahrzehnten wieder eine Frau in der Siedlung von Prentisstown. Dies führt nicht nur zu allerlei Aufruhr, sondern auch der Offenlegung einer unglaublichen und verheimlichten Schuld. Wie sich das recht vielversprechend klingende Science-Fiction-Abenteuer bei mir geschlagen hat, erfahrt ihr wie immer in den nachfolgenden Zeilen.
Wenn Deine Gedanken hörbar werden…
Wir schreiben das 23. Jahrhundert. Die Menschheit machte sich auf ins All, um weit entfernte Planeten kolonisieren. Eine der ersten Kolonien, genannt Prentisstown benannt nach dem Bürgermeister Prenntiss, wurde auf New World errichtet. Nicht nur eine neue Welt erwartete die Menschen. Sie mussten sich mit einer tiefgreifenden Veränderung in ihrem Leben arrangieren, dem Lärm. Der Lärm, so wird das Phänomen genannt, denen nur Männer ausgesetzt sind. So werden deren Gedanken, für andere hör- und sichtbar. Dies führte zu Entsetzen, Panik und Aufruhr bis die Männer gelernt haben, ihre Gedanken zu kontrollieren. Einzig Frauen waren von dieser Veränderung ausgenommen. Doch diese wurden von den Einheimischen getötet und nur ein männlicher Nachkomme überlebte dieses Massaker. Todd Hewitt ist somit das einzige Kind und wohl der letzte männliche Nachkomme in Prentisstown.

Todd wuchs bei seinen Ziehvätern, Ben und Cillian auf, die ihm vom Tod seiner Mutter und wie es dazu kam, erzählten. Todd hat somit noch niemals zuvor eine Frau gesehen. So ist er völlig konfus, als er auf Viola trifft, eine junge Frau, die mit einem weiteren Kolonialtransporter nach New World unterwegs war. Ihre Erkundungskapsel, mit ihren Begleitern stürzte ab und sie überlebte als einzige den Absturz. Todd hat keine Ahnung, was er nun tun soll. So wird es wohl das Beste sein, Viola dem Bürgermeister zu übergeben. Dieser scheint nicht so verwundert wie die restlichen Anwohner der Siedlung. Ahnte er bereits, dass noch mehr Menschen folgen würden? Fürchtet er gar die Ankunft weiterer Kolonisten und will er diese unbedingt verhindern? Aber warum will Bürgermeister Prentiss die Ankunft neuer Kolonisten und damit auch Frauen verhindern, hat er etwas zu verbergen?
Ein fremder Planet und viele Geheimnisse
Filme über Planeten-Kolonisierung gibt es wahrlich viele. Doch nur wenige spielten bisher mit der Idee, welche Einflüsse anderer Welten, auf den menschlichen Körper haben und wie sich dieser dadurch verändern könnte. So ist der „Lärm“, die Hör- und Sichtbarwerdung von Gedanken, welcher nur männliche Bewohner betrifft. Ein wahrlich heftigster Eingriff in die Persönlichkeit eines Menschen. Dafür wohl aber auch die interessanteste Idee der letzten Jahre. Dazu gesellt sich ein weiterer Trigger. Der Tod aller Frauen, für den die Einheimischen Wesen des Planeten verantwortlich gemacht werden. So treffen wir auf den jungen Todd Hewitt, gespielt von Spider-man Darsteller Tom Holland. Dieser ist der jüngste Einwohner von Prentisstown und wohl auch der Letzte, nachdem alle Frauen getötet wurden. So staunt dieser nicht schlecht, als ihm eine Frau, aus einer abgestürzten Raumkapsel über den Weg läuft. Die Ankunft dieser verunsichert die Einwohner und lässt Bürgermeister Prentiss, recht merkwürdig reagieren. Reaktionen, die bei Todd Fragen aufwerfen. Er scheint tatsächlich der Einzige zu sein, der keinerlei Ahnung hat, was auf New World wirklich vorgefallen ist.

Damit wird der Zuschauer schon in den ersten Minuten des Films, mit allerlei Informationen gefüttert. Dieser muss man erstmal ohne weitere Erklärung schlucken. Es scheint so, als wolle Regisseur Liman den Zuschauer, ebenso wie Todd im Dunkeln lassen. So dass wir zusammen mit Todd und zunehmender Laufzeit, die Antworten finden werden. So zumindest mein Gedanke, doch mal wieder falsch gedenkt. Wir erfahren zwar, warum es nur Männer in Prentisstown gibt und wieso die Frauen getötet wurden. Mehr als die Info, das mordenden Außerirdische dahinter stecken gibt es nicht, zumindest vorerst nicht. Nachdem Viola, im wahrsten Sinne des Wortes, aus dem Himmel fiel und Todd somit erstmalig eine Frau zu Gesicht bekommt. Wirft bei ihm nach und nach etliche Fragen auf, womit auch der Zuschauer auf Antworten hofft. Um Spoiler zu vermeiden, kann ich nun nicht auf weitere Erklärungen eingehen. So kann ich nur verraten, dass Todd eine Lüge lebt und Bürgermeister Prentiss (Mads Mikkelsen) mehr weiß, als er zugibt. So kommt es zwar noch zu einem Aufeinandertreffen und Kampf zwischen von Todd und einem Außerirdischen. Doch statt Erklärungen zu erhalten, wirft dieses noch mehr Fragen in den Raum.

Wie gesagt die Idee, der hör- und sichtbaren Gedanken, genannt der „Lärm“, ist ein ziemlich interessanter Aspekt. Wobei auch dessen kreative Darstellung sehr gelungen ausfiel. Der Look des Films selbst erinnert, trotz der Hightech Waffen, ein an die alten Cowboy, Trapper und Wild West Filme vergangener Tage. Die Klamotten schmutzig, die Behausungen einfach und Pferde sind das Fortbewegungsmittel der Wahl. Die Spannung wird einerseits durch das Auftauchen von Viola erzeugt, andererseits durch den Lärm. Da es den Protagonisten und besonders Todd, schwer fällt seine Gedanken zu kontrollieren. So rechnet man immer damit, dass er sich gleich verrät. Dennoch wird des gerade der Lärm, bzw. die Beherrschung dessen sein, was die Wendung herbeiführt. Ebenso tragen die Fragen zur Spannung bei, ist man doch in neugieriger Erwartung zu erfahren, was auf New World wirklich vorgefallen ist. Womit wir leider auch bei dem großen Manko des Films sind. Dieser wirft zu viele Fragen auf und liefert viel zu wenig Antworten. Schlimmer noch, manche Antworten, werfen ebenfalls wieder Fragen auf.
Bringt das Fazit die Antworten?
Beginnen wir beim positiven: Das Schauspiel ist dank Mads Mikkelsen, Tom Holland und Daisy Ridley auf durchweg guten Niveau. Kleine Info, einer der Ziehväter von Todd Hewitt (Tom Holland), wird von Kurt Sutter gespielt, dem Serienschöpfer der herausragenden Serie „Sons of Anarchy“. Die Effekte sehen hochwertig aus, obwohl sich der Außerirdische arg eckig bewegt. Dafür wirkt die Darstellung des Lärms optisch sehr fantatsievoll, was mir richtig gut gefiel. Handwerklich ist der Film sehr solide umgesetzt worden und die Ausstattung und Sets wirken sehr authentisch für ein Siedlervolk. Man kann sich durchaus vorstellen, dass hochtechnologische Kolonisten, dennoch den einfachen Weg gewählt haben oder mussten. Womit der Film aber leider schon die erste Frage aufwirft und wir bei den negativen Punkten angekommen sind. Wieso behält man die Hightech Waffen und müht sich auf dem Acker, wie zu Zeiten der Pilgerväter ab. Die Frage, wie die Frauen ums Leben kamen, wird zwar beantwortet, aber nicht das: wieso, weshalb und warum. Mehr kann ich an dieser Stelle nicht verraten, sonst laufe ich wieder Gefahr zu spoilern.
Der Film wirft einfach zu viele Fragen auf, die er nicht beantwortet oder beantworten kann. Schlimmer noch, die wenigen Antworten, werfen wieder Fragen auf. Somit wirkt die Verfilmung auf mich etwas unrund und unvollständig. Vieles wird in Raum geworfen und einiges muss man sich zusammenreimen oder einfach als gegeben hinnehmen. Womit mich der Film recht unbefriedigt zurückließ. Trotz dieses Mankos ist „Chaos Walking“ keine völlige Katastrophe. Das liegt unter anderem an dem unterhaltsamen Schauspiel und der wirklich interessanten Idee. Denn wie kommt man mit all seinen kleinen und großen Geheimnissen durchs Leben, wenn diese jeder sehen und hören kann. Besonders wenn man etwas für sich behalten möchte oder gar muss. Noch interessanter wird es, als Regisseur Liman zeigt, wie man den Lärm auch anders einsetzen kann. Wer allgemein an Science Fiction Filmen interessiert ist, die mit Fragen beginnen, dem kann ich „Total RecalI“ oder auch „Gattaca“ ans Herz legen. Damit folgt die Sichtungsempfehlung: Wer bei einem Film auf alles eine Antwort braucht, dürfte hier nicht glücklich werden. Ähnliches gilt auch für diejenigen, die einfach etwas mehr über die Vorgänge oder Hintergründe erfahren möchten. Diese Antworten, bleibt der Film dem Zuschauer schuldig. Wer jedoch einer interessanten Idee, mit einer fantasievollen Geschichte, auf einem fremden Planeten folgen will, kann hier mal einen Blick riskieren.
„Chaos Walking“ ist ab dem 14. Oktober 2021 Digital, DVD, Blu-Ray und als 4K UHD Steelbook im Handel erhältlich!
Bild und Trailer © Studiocanal – alle Rechte vorbehalten!