23: Nichts ist so wie es scheint: Review
23: Nichts ist so wie es scheint: Die mysteriöse Geschichte um Karl Koch!

„23 – NICHTS IST SO WIE ES SCHEINT“ erzählt die realen Ereignisse um Karl Koch, der in der Hacker-Szene der 80er Jahre, auch unter dem Pseudonym „Hagbard Celine“ (eine Romanfigur aus dem Buch „Illuminatus!“), bekannt war. Sein KGB-Hack ging dabei als erster großer Cyberkriminalitätsfall, in die deutsche Computergeschichte ein. Hans-Christian Schmid (Regie und Drehbuch) und Michael Gutmann (Drehbuch) nahmen sich 1998 Karl Kochs Geschichte an.
In der Hauptrolle August Diehl (Anatomie 2), in einem überaus eindringlichen Hacker Thriller. Hierbei griffen sie neben Kochs Talent auch seine Faszination für Geheimbünde, insbesondere die der Illuminaten auf. Ebenso mysteriös wie dieser Geheimbund ist Karl Kochs Tod, dessen Hintergründe bis heute nicht eindeutig aufgeklärt werden konnten. Wie der Film heute auf mich wirkte, welchen Bezug ich zu dem echten Karl Koch hatte und wie Turbines Mediabook samt HD-Restauration ausgefallen ist, erfahrt Ihr wie immer in den nachfolgenden Zeilen.
Ein Leben im Wahn der Zahl 23
Die 80er Jahre, eine Zeit des Kalten Krieges, ersten Friedensbewegungen, Demonstrationen gegen Atomkraft, eine Zeit des Umbruchs. In dieser versucht der junge Karl Koch, seinen Platz zu finden. Die Welt um ihn herum scheint unwirklich zu sein, vieles läuft in seinen Augen falsch, für Karl, eine Welt des Chaos. So hat er das Bedürfnis, dagegen anzugehen und das überaus lautstark bei Demonstrationen, sehr zum Missfallen seines Vaters. Ein gutes Verhältnis hatte sie nie und so berührt ihn der Tod des Vaters nicht sonderlich.
Mit dem geerbten Geld hat er jetzt endlich die Möglichkeit, seine kleine Welt in Form einer WG mit Freiheit und freien Gedanken für alle zu erschaffen. Dennoch wird Karl von seiner eignen Vergangenheit verfolgt, einem Buch. Dies bekam er in jungen Jahren von seinem Vater, die Geschichte um einen Geheimbund rund um die Illuminaten und die Zahl 23, die mit diesen in Verbindung stehen soll. So wird er geradezu von diesem Geheimbund wie der Zahl 23 verfolgt.

So wie sich ihm die Welt gerade präsentiert, können es nur die Illuminaten sein, die hier ihre Hände ihm Spiel haben. Die zweite Frage, die sich ihm stellt, wieso dürfen nicht alle Menschen auch das gleiche Wissen besitzen. Wieso gibt es so viele Geheimnisse. So beginnt er die Datennetze der Bürokratie, der Regierungen und der Wirtschaft zu durchforsten. Das, was er herausfindet oder meint herausgefunden zu haben, bestärkt ihn in seinem Glauben, an eine weltweite Verschwörung. Sein Talent sich mit Computern in verschiedene Bereiche der Wirtschaft, Politik, Energieversorger und sonstiger Institutionen zu hacken, verschafft ihm einen Vorteil.
Dieses Talent lässt ihn aber auch in die Fänge des KGB geraten. Ist er doch der naiven Meinung, der Osten sei dem Westen unterlegen und er könne ein Gleichgewicht herstellen. Karl verwickelt sich immer tiefer in seine Obsessionen, die er mit Drogen anheizt und sich auf falsche Freunde verlässt. Als er versucht, die Reißleine zu ziehen, sind ihm bereits die Staatsorgane aus West und Ost auf den Fersen und Karl wird einen sehr hohen Preis für sein Tun bezahlen müssen.
Ein Blick zurück in Karl Kochs Welt
Wie viele Kinder der 60er und 70er Jahre, gehöre ich ebenfalls zu der Generation, die mit den ersten Heimcomputern, wie einem „Sinclair ZX81“, einem „Commodore C64“, einem „Atari“ oder auch einem „Schneider CPC“ versuchten, sich in der Welt der Bits und Bytes auszutoben. So gab es im Laufe der 80er Jahre etliche Computertreffen und Veranstaltungen, bei denen man auf die unterschiedlichsten Computer Nerds traf. So auch auf „Hagbard Celine“ Karl Kochs Nickname (Hacker Pseudonym) in der Szene.
Viele kannten sich eigentlich nur mit ihren Pseudonymen, doch der Name Karl Koch war in der Szene nicht gerade unbekannt. Jahre später sollte mich dann ein Nachrichtenbeitrag über Karl Koch in Betroffenheit versetzten. Im Juni 1989 stellte sich heraus, das man Karl Kochs verbrannte Leiche in einem Waldstück auffand. Selbstmord oder Mord, dieses Mysterium wurde bis heute immer noch nicht vollständig aufgeklärt. Weshalb es mich immer noch fröstelt, wenn ich an die Zeit zurückdenke.
Wer weiß schon, wer von uns damaligen Computer Freaks hätte in das Visier verschiedener Organisationen gelangen können. Für uns war das alles früher ein Spaß. Aus purer Naivität probierten und testeten wir, wie weit man gehen konnte oder wie weit man mit seinen Kenntnissen kam. Im Fall Karl Koch, so scheint es, vermutlich ein Schritt zu weit gewesen zu sein. Denn sind wir mal ehrlich, trotz vermeintlicher psychischer Probleme, wählt doch niemand freiwillig die Selbstentzündung als Mittel des Selbstmordes?

Nun, so viel dazu, kommen wir zurück zu dem Film und dem überaus tollen Mediabook von Turbine. Mit August Diehl in der Hauptrolle des Karl Koch, nahmen sich Hans-Christian Schmid (Regie und Drehbuch) und Michael Gutmann (Drehbuch), der Geschichte, um den wohl bekanntesten deutschen Hacker der 80er Jahre an. Dabei bin ich der Meinung, dass die Filmemacher, bis auf den filmisch-dramaturgischen Aspekt, die damalige Zeit und die Computer Freaks recht gut abgebildet haben.
Im Vergleich zu „Hackers“ aus dem Jahr 1995, setzt man hier auch nicht auf stylische Figuren oder schnell geschnittene Action lastige Bilder, sondern mehr auf die Protagonisten. Im Film gerät Karl Koch durch seine idealistischen Gedanken in die Fänge mehrerer skrupelloser, undurchsichtiger Figuren. Einer davon stellt den Kontakt zu den Russen her und nachdem im wahrsten Sinne des Wortes der Rubel rollt, kippt der idealistische Gedanken zu Gunsten von Geld, Drogen und Partys. Inwiefern dieses ausufernde Treiben den Tatsachen entspricht, kann ich nicht bewerten.
Dennoch könnte ich mir durchaus vorstellen, dass der Regisseur hier recht gut recherchiert hat. So folgt der Zuschauer dem Aufstieg und Fall von Karl Koch, der von Obsessionen, bis hin zum Verfolgungswahn getrieben wurde und letztlich tot in einem Waldstück bei Ohof im Landkreis Gifhorn gefunden aufgefunden wurde.

Dies ist auch der Trigger im Film, der für die Spannung verantwortlich ist. Vermutet die Hauptfigur doch Teil einer weltweiten Verschwörung zu sein, die er durchschaut hat. So sind es weniger die Hacking oder Übergabe Szenen, die die Spannung tragen, es ist Karls Verfolgungswahn. So wartet man bei der Sichtung geradezu darauf was passiert, wenn der KGB seine angeforderten Informationen nicht rechtzeitig erhält oder Karl vermutet das jemand in seiner Wohnung oder an seinen Sachen war.
Das dies Vorgänge wie ein Damoklesschwert über Karls Kopf schweben, ist in jeder Filmminute spürbar. Der Film bedient sich dabei des Stilmittels der Rückerzählung, so hört man immer wieder August Diehls Stimme aus dem Off, der die Wege und Entscheidungen von damals beschreibt. Die Ausstattung wurde sehr authentisch gewählt, so fand ich mich während des Zuschauens immer wieder in der Welt der 80er wieder. Egal ob es sich dabei um die Klamotten, Autos oder Musik handelte.

Die Darstellung des routinierten Casts ist sehr gut, dennoch ist es Newcomer August Diehl, der alle an die Wand spielt. Überraschend dabei, es ist August Diehls erste Film- und Hauptrolle. Um genau zu sein, war er zu der Zeit, als das Casting begann sogar noch auf der Schauspielschule. Umso unglaublicher ist seine schauspielerische Leistung.
Er spielt einen Karl Koch, dem man wirklich abnimmt von seinen eigenen Dämonen gejagt zu werden. Man geht als Zuschauer regelrecht mit dem Charakter mit. Hier kann ich nicht auf meine Erinnerungen an den echten Karl Koch zurückgreifen, da dies erstens eine recht kurze Begegnung mit vielen war und zweitens, war dies damals eine lockere ausgelassene Atmosphäre. Dennoch kann ich mir vorstellen, dass ein Mensch in solch einer Situation mit solchen Hintergründen auch so agiert.
Ein paar Worte zum Mediabook
Bevor ich das Fazit einläute, komme ich zu der längst überfälligen Veröffentlichung dieses Films. Turbine hat hier mal wieder gezaubert. Nicht nur dass man diesen Film dank HD-Restaurierung mit einem sehr guten Bild geliefert bekommt, dieser bekam nun endlich auch eine Veröffentlichung, wie es dieser auch verdient hat. Mit Gruseln erinnere ich mich an die damalige DVD Ausgabe zurück, über die ich nur noch den Mantel des Schweigens fallen lasse. Hier war es bitternötig, dass sich diesem Film ein Label annimmt, das weiß wie solch eine Veröffentlichung auszusehen hat.
So wurde das Bild wirklich toll restauriert, die Farben wirken frisch und die Schärfe stimmt, auf Weichzeichner und auffallend künstliche Filter wurde augenscheinlich verzichtet. Die Kontraste sind ausgewogen und der Schwarzwert lässt keine Details im Dunkeln „absaufen“. Der Ton liegt im Format DTS-HD Master 5.1 & 2.0 vor und klingt schön kräftig und die Dialoge sind in jedem Moment klar und verständlich. Dennoch muss man auch betonen, dass der Film überwiegend dialoglastig ist und keine Surround-Sound Orgie bietet.

An Extras wurde ebenfalls nicht gespart: So besitzt die Blu-Ray, Bonusmaterial mit einer Laufzeit von 127 Minuten. Die DVD bietet entsprechend weniger, hier sind es noch rund 94 Minuten. Unter den Extras befinden sich brandneue Interviews mit August Diehl und Hans Heinrich Hübner (ehemaliger Freund und Hackerkollege von Koch). Sowie ein Interview mit Schriftsteller Christoph Weidner, welches sich um die Illuminaten dreht.
Weiterhin sind Audiokommentare von den Machern Hans Christian Schmid und Michael Gutmann vorhanden. Dazu gibt es noch EPK-Interviews, ein Making-of Featurette, hinter den Kulissen und der Original-Trailer. Das Mediabook besitzt auch einen 56-seitigen Buchteil von Autor Michael Scholten. Welcher die die wahren Begebenheiten um Karl Koch beleuchtet und Eindrücke zu der und die Entstehungsgeschichte des Films wiedergibt.
Fazit:
Mit „23 – NICHTS IST SO WIE ES SCHEINT“ präsentieren uns die Macher Hans Christian Schmid und Michael Gutmann einen spannenden und komplexen Film über den deutschen Hacker Karl Koch. Welcher damals für seinen KGB-Hack bekannt wurde. Dazu legen die Macher auch ein entsprechend großes Augenmerk auf die Person Karl Koch. Und besonders auf seine Obsessionen und psychischen Auswirkungen. Diese sind es auch, die die Spannung erzeugen und den Zuschauer mit dem Protagonisten mit fiebern lassen.
Ein Film, der mal wieder zeigt, dass es auch in Deutschland allerlei interessante Personen gab und gibt, wo es lohnt, deren Leben zu verfilmen. Besonders schön, wenn es mal nichts mit unserem „Weltkriegs-Erbe“ zu tun hat. Regisseur Hans Christian Schmid hat mit „23…“ bewiesen, das deutsche Verfilmung nicht staubtrocken und sterbenslangweilig ausfallen müssen. Dazu möchte ich auch nochmal seinen Hauptdarsteller August Diehl hervorheben, der hier eine hervorragende Erstleistung ablieferte.
An dieser Stelle möchte ich mich nochmals bei Turbine für die zur Verfügungstellung des Mediabook bedanken.
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